
Zusammenfassend:
- Echtes Reisen bedeutet, die unsichtbare „kulturelle Grammatik“ eines Ortes zu entschlüsseln, anstatt nur Sehenswürdigkeiten abzuhaken.
- Der Kulturschock ist ein normaler, mehrstufiger Prozess, dessen Verständnis der Schlüssel zur Anpassung und zu tieferen Einblicken ist.
- Authentizität ist kein Konsumgut, sondern entsteht im respektvollen Dialog und der bewussten Auseinandersetzung mit der lokalen Lebensrealität.
- Nachhaltiges Reisen schützt nicht nur die Umwelt, sondern auch die soziale und kulturelle Integrität der besuchten Orte.
Jeder erfahrene Reisende kennt dieses Gefühl: Man steht an einem weltberühmten Ort, umgeben von Hunderten anderer Besucher, und spürt eine seltsame Leere. Man ist zwar physisch anwesend, aber emotional und kulturell meilenweit entfernt. Die gängigen Reiseführer raten uns, „offen zu sein“ oder „lokale Spezialitäten zu probieren“, doch diese oberflächlichen Tipps kratzen kaum an der Oberfläche dessen, was es bedeutet, eine fremde Kultur wirklich zu erleben. Sie führen oft nur zu einer besseren Inszenierung unseres touristischen Daseins, ohne die unsichtbare Mauer zwischen uns und den Menschen vor Ort zu durchbrechen.
Doch was, wenn der Schlüssel zu einer tiefgreifenden Reiseerfahrung nicht darin liegt, *was* wir tun, sondern *wie* wir wahrnehmen? Was, wenn die wahre Transformation darin besteht, unsere eigene kulturelle Brille abzusetzen und die „kulturelle Grammatik“ zu erlernen – die ungeschriebenen Regeln, Werte und Rhythmen, die den Alltag an einem fremden Ort bestimmen? Dieser Ansatz verwandelt Frustration in Faszination und befähigt uns, vom bloßen Beobachter zum teilnehmenden Gast zu werden. Es geht darum, die mentalen Werkzeuge zu entwickeln, um hinter die touristische Fassade zu blicken und echte, menschliche Verbindungen zu knüpfen.
Dieser Artikel ist Ihr Kompass auf diesem Weg. Wir werden die psychologischen Phasen des Kulturschocks durchleuchten, ethische Fragen der Reisefotografie klären und Ihnen konkrete Strategien an die Hand geben, wie Sie die Seele einer Kultur entdecken können – sei es über das Essen, die Kunst des Beobachtens oder die bewusste Entscheidung für ein verantwortungsvolles Miteinander. Ziel ist es, nicht nur die Welt zu sehen, sondern sie mit Respekt und tiefem Verständnis zu betreten.
Für diejenigen, die einen direkten Einblick in persönliche Erfahrungen mit dem Kulturschock bevorzugen, bietet das folgende Video eine lebendige Diskussion und veranschaulicht viele der Konzepte, die wir in diesem Leitfaden behandeln werden.
Um Ihnen eine klare Orientierung auf dieser Entdeckungsreise zu geben, folgt eine Übersicht der Themen, die wir gemeinsam erkunden werden. Jede Sektion baut auf der vorherigen auf und führt Sie schrittweise von der inneren Vorbereitung bis zur bewussten Interaktion in einer neuen kulturellen Umgebung.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Weg vom Touristen zum willkommenen Gast
- Von der Honeymoon-Phase zur totalen Frustration: Wie Sie die unvermeidlichen Stufen des Kulturschocks meistern
- ‚Eat Pray Love‘ für jedermann: Wie Sie die verborgenen Orte finden, an denen das wahre Leben spielt
- Ein Foto oder ein Diebstahl der Seele? Wie Sie Menschen auf Reisen porträtieren, ohne ihre Würde zu verletzen
- Die Suche nach dem ‚Unberührten‘: Warum die Jagd nach Authentizität oft genau das zerstört, was sie sucht
- Von der falschen Geste zum internationalen Eklat: Kulturelle Fettnäpfchen, die Sie auf Reisen unbedingt vermeiden sollten
- Erzähl mir, was du isst, und ich sag dir, wer du bist: Wie Sie über das Essen die Seele einer Kultur entdecken
- Venedig, Barcelona, und Co.: Wie Sie die schönsten Orte der Welt besuchen können, ohne sie mit zu zerstören
- Echt oder nur für Touristen? Die Kunst, auf Reisen authentische kulturelle Erlebnisse zu finden und von Inszenierungen zu unterscheiden
Von der Honeymoon-Phase zur totalen Frustration: Wie Sie die unvermeidlichen Stufen des Kulturschocks meistern
Der Kulturschock ist keine Krankheit, sondern eine natürliche Reaktion auf den Verlust gewohnter sozialer und kultureller Orientierungspunkte. Er beginnt oft mit einer euphorischen „Honeymoon-Phase“, in der alles Neue faszinierend und aufregend erscheint. Doch bald weicht diese Begeisterung oft einer tiefen Frustration. Plötzlich werden kleine Alltagsaufgaben zu riesigen Hürden, die ständige Anstrengung, nonverbale Signale zu deuten, erschöpft, und das Gefühl, ein Außenseiter zu sein, wird übermächtig. Dies ist die kritische Phase, in der viele Reisende resignieren und sich in touristische Blasen zurückziehen.
Der Schlüssel zur Überwindung liegt im Verständnis, dass dieser Prozess normal und sogar notwendig für eine tiefere Anpassung ist. Die Kulturanthropologie beschreibt den Kulturschock als einen zyklischen Prozess, der uns zwingt, unsere eigene „kulturelle Grammatik“ zu hinterfragen. Wie der Soziologe Kalervo Oberg, der den Begriff prägte, feststellte: „Der Kulturschock ist keine einmalige Krise, sondern ein wiederkehrender Prozess“, der sogar die Rückkehr in die eigene Heimat betreffen kann. Die Frustration entsteht oft aus dem Verlust subtiler, nonverbaler Hinweise, die uns in unserer Heimatkultur Sicherheit geben.
Anstatt gegen diese Gefühle anzukämpfen, sollten Sie sie als Lernchance begreifen. Beginnen Sie, aktiv zu beobachten: Wie begrüßen sich die Menschen? Welchen Stellenwert hat Pünktlichkeit? Wie wird im öffentlichen Raum kommuniziert? Diese bewusste Beobachtungsgabe ist der erste Schritt, um die neue kulturelle Logik zu entschlüsseln. Akzeptieren Sie Ihr Unwissen und seien Sie nachsichtig mit sich selbst. Die Überwindung der Frustration markiert den Übergang zur Anpassungsphase, in der Sie beginnen, sich in der neuen Umgebung sicherer und kompetenter zu fühlen und schließlich eine bikulturelle Perspektive entwickeln.
‚Eat Pray Love‘ für jedermann: Wie Sie die verborgenen Orte finden, an denen das wahre Leben spielt
Die authentischsten Einblicke in eine Kultur findet man selten in den auf Hochglanz polierten Touristenzentren. Das wahre Leben spielt sich in den unscheinbaren Gassen, den lokalen Märkten und den alltäglichen Treffpunkten ab. Doch wie findet man Zugang zu diesen Orten, ohne als störender Eindringling wahrgenommen zu werden? Der Weg führt über die Etablierung von Routinen und die Entdeckung sogenannter „Third Places“ – Orte wie Bäckereien, kleine Parks oder Bibliotheken, die weder Arbeitsplatz noch Zuhause sind, aber eine wichtige soziale Funktion für die Gemeinschaft haben.
Anstatt jeden Tag eine neue Sehenswürdigkeit anzusteuern, versuchen Sie, für ein paar Tage zum „temporären Einheimischen“ zu werden. Kaufen Sie Ihr Brot jeden Morgen beim selben Bäcker, trinken Sie Ihren Kaffee im selben Café. Diese kleinen Rituale schaffen Vertrautheit und machen Sie von einem anonymen Touristen zu einem bekannten Gesicht. Es sind diese wiederholten, unaufdringlichen Interaktionen, die oft zu spontanen Gesprächen und echten Einblicken führen. Wie die Soziologin Prof. Dr. Karin Schröder bemerkte: „Die kleinen Rituale im Alltag sind das Tor zur authentischen Erfahrung einer Kultur.“
Ein weiterer Schlüssel ist die aktive Teilnahme statt passiver Beobachtung. Besuchen Sie einen lokalen Kochkurs, nehmen Sie an einem Workshop teil oder engagieren Sie sich für ein paar Stunden in einem Freiwilligenprojekt. Dies ermöglicht nicht nur den Erwerb neuer Fähigkeiten, sondern schafft auch einen legitimen Rahmen für den kulturellen Austausch auf Augenhöhe. Sie lernen nicht nur über die Kultur, sondern werden für einen kurzen Moment ein Teil davon. Es geht darum, Gelegenheiten zu schaffen, bei denen die Rolle des „Touristen“ in den Hintergrund tritt und die des interessierten Menschen in den Vordergrund.
Ein Foto oder ein Diebstahl der Seele? Wie Sie Menschen auf Reisen porträtieren, ohne ihre Würde zu verletzen
Die Reisefotografie birgt eine heikle ethische Gratwanderung. Ein Porträt kann eine Brücke zwischen Kulturen bauen, aber auch Stereotype verstärken und die Würde des Abgebildeten verletzen. Die entscheidende Frage ist: Ist die Fotografie ein Akt des Nehmens oder des Gebens? Ein schnelles Foto aus der Ferne, ohne Interaktion, objektiviert die Person und degradiert sie zur Kulisse. Ein wirklich kraftvolles Porträt hingegen entsteht aus einem würdevollen Dialog und gegenseitigem Respekt.
Die goldene Regel lautet: Bitten Sie um Erlaubnis. Ein Lächeln, eine Geste oder ein paar Worte in der Landessprache können den Unterschied ausmachen. Seien Sie auf ein „Nein“ vorbereitet und akzeptieren Sie es ohne Groll. Wenn die Erlaubnis erteilt wird, nehmen Sie sich Zeit. Zeigen Sie ehrliches Interesse an der Person, nicht nur an dem Bild, das Sie machen wollen. Die berühmte Porträtfotografin Mary Ellen Mark fasste es treffend zusammen: „Fotografie sollte ein Dialog sein, in dem Respekt und Einverständnis vorherrschen“, nicht ein einseitiger Akt. Zeigen Sie der Person das Ergebnis auf Ihrer Kamera – dieser kleine Akt des Teilens kann eine starke Verbindung schaffen.
Reflektieren Sie zudem Ihre eigene Motivation. Warum wollen Sie dieses Foto machen? Dient es dazu, Exotik oder Armut zur Schau zu stellen und damit Klischees zu bedienen? Ein ethischer Ansatz vermeidet solche Darstellungen und versucht stattdessen, die Persönlichkeit und die Geschichte des Einzelnen einzufangen. Der Fotograf Jimmy Nelson hat beispielsweise gezeigt, wie durch die bewusste Einbeziehung von Gemeinschaften bei der Porträtfotografie indigener Völker authentische und respektvolle Bilder entstehen, die den Stolz und die Kultur der Menschen feiern, anstatt sie auszubeuten. Ein gutes Porträt ehrt die Person, es stiehlt nicht ihre Seele.
Die Suche nach dem ‚Unberührten‘: Warum die Jagd nach Authentizität oft genau das zerstört, was sie sucht
Viele Reisende sehnen sich nach dem „authentischen“, dem „unberührten“ Erlebnis, fernab der ausgetretenen Pfade. Doch diese Jagd nach Authentizität ist ein Paradox. Sobald ein Ort als „unentdeckt“ gilt und von externen Besuchern frequentiert wird, beginnt ein Prozess der Veränderung, der oft genau das zerstört, was die Reisenden ursprünglich suchten. Die lokale Kultur beginnt, sich den Erwartungen der Touristen anzupassen, Rituale werden zu bezahlten Vorführungen und das Alltagsleben wird zur Bühne. Dies führt nicht nur zur Enttäuschung bei Reisenden, sondern kann auch zu erheblichen Spannungen in den lokalen Gemeinschaften führen.
Eine Studie zur Tourismusakzeptanz zeigt, dass diese gefühlten Identitätskonflikte ein wesentlicher Grund für eine sinkende Akzeptanz des Tourismus in vielen Regionen sind. Die Inszenierung von „Authentizität“ für den Markt schafft eine ökonomische Nische, die jedoch oft den Verlust der lebendigen, sich wandelnden Kultur zur Folge hat. Statt einer dynamischen Realität wird eine konservierte, folkloristische Version für den Konsum angeboten. Das Problem liegt in der Vorstellung, Authentizität sei ein statisches Gut, das man finden und konsumieren kann.
Ein hilfreicherer Ansatz ist es, Authentizität nicht als Zustand, sondern als Prozess zu verstehen. Wie der Tourismusforscher Michael Medvedec argumentiert, ist sie ein „dynamischer Prozess zwischen Reisenden und Gastgebern“. Sie entsteht in der echten, ungeplanten Interaktion, im gegenseitigen Interesse und im Respekt vor der Tatsache, dass Kulturen sich ständig weiterentwickeln. Anstatt das „Unberührte“ zu jagen, sollten wir uns darauf konzentrieren, respektvolle und bedeutungsvolle Begegnungen im Hier und Jetzt zu schaffen. Das kann bedeuten, ein Gespräch mit einem Ladenbesitzer zu führen, das weniger „authentisch“ erscheint als ein inszeniertes Ritual, aber unendlich viel realer ist.
Von der falschen Geste zum internationalen Eklat: Kulturelle Fettnäpfchen, die Sie auf Reisen unbedingt vermeiden sollten
Jede Kultur besitzt ein komplexes System ungeschriebener Verhaltensregeln. Eine Geste, die zu Hause harmlos ist, kann an einem anderen Ort eine schwere Beleidigung darstellen. Das „OK“-Zeichen, das Victory-Zeichen mit der falschen Handhaltung oder das Zeigen der Schuhsohle sind klassische Beispiele für kulturelle Fettnäpfchen, die zu peinlichen oder sogar angespannten Situationen führen können. Das Bewusstsein für diese nonverbalen Codes ist kein optionaler Bonus für Reisende, sondern eine grundlegende Form des Respekts. Es zeigt, dass man sich die Mühe gemacht hat, die lokale Etikette zu verstehen.
Die Vorbereitung ist entscheidend. Informieren Sie sich vor der Abreise über grundlegende Verhaltensregeln: Wie begrüßt man sich korrekt? Gibt es bestimmte Kleiderordnungen, besonders beim Besuch religiöser Stätten? Wie funktioniert das Geben von Trinkgeld? Gibt es Tabuthemen in Gesprächen? Diese Informationen sind heute leicht zugänglich und verhindern die häufigsten Missverständnisse, die, wie Studien zeigen, oft aus mangelnder Vorbereitung resultieren. Seien Sie besonders aufmerksam bei Tischmanieren und im Umgang mit älteren Menschen, da dies Bereiche sind, in denen kulturelle Werte oft besonders sichtbar werden.

Doch selbst bei bester Vorbereitung kann ein Fauxpas passieren. In diesem Fall ist die Reaktion entscheidend. Anstatt sich zu rechtfertigen oder die Situation zu ignorieren, ist eine schnelle und aufrichtige Entschuldigung der beste Weg. Oft reicht ein Lächeln und eine entschuldigende Geste. Zeigen Sie, dass der Fehler unbeabsichtigt war und dass Sie lernbereit sind. Humor und die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, können Barrieren abbauen und eine peinliche Situation in eine Gelegenheit zum kulturellen Austausch verwandeln. Die meisten Menschen wissen es zu schätzen, wenn sie sehen, dass sich jemand bemüht, ihre Kultur zu respektieren.
Erzähl mir, was du isst, und ich sag dir, wer du bist: Wie Sie über das Essen die Seele einer Kultur entdecken
Essen ist weit mehr als nur Nahrungsaufnahme; es ist eine der tiefsten und zugänglichsten Ausdrucksformen einer Kultur. Die Zutaten erzählen von der Geografie und dem Klima eines Landes, die Rezepte von seiner Geschichte und den Handelswegen, und die Tischsitten von seinen sozialen Strukturen und Werten. Eine Mahlzeit zu teilen, ist oft der direkteste Weg, um mit Menschen in Kontakt zu kommen und einen authentischen Einblick in ihr Leben zu erhalten. Es ist kein Zufall, dass 76% der Deutschen das gemeinsame Essen als ein wichtiges Bindeglied kultureller Identität betrachten.
Um diese kulinarische Seele zu entdecken, sollten Sie die Restaurants meiden, die sich ausschließlich an Touristen richten. Suchen Sie stattdessen nach Orten, an denen die Einheimischen essen: belebte Straßenstände, kleine Familienbetriebe oder Markthallen. Seien Sie neugierig und mutig. Fragen Sie, was die Spezialität des Hauses ist, oder zeigen Sie auf das, was die Person am Nachbartisch isst. Dieser simple Akt der Kommunikation öffnet oft Türen. Wie die Kulturwissenschaftlerin Dr. Eva Müller es formuliert: „Das Menü einer Gemeinschaft zu lesen, öffnet ein Fenster zur Geschichte, den Handelswegen und den sozialen Strukturen dieser Kultur.“
Der vielleicht tiefste Einblick gelingt, wenn man von der Rolle des Konsumenten in die des Teilnehmenden wechselt. Ein lokaler Kochkurs lehrt nicht nur Techniken, sondern auch die kulturelle Bedeutung von Zutaten und Ritualen. Ein Besuch auf einem Wochenmarkt, am besten mit jemandem, der sich auskennt, offenbart die saisonalen Rhythmen und die Wertschätzung für lokale Produkte. Und wenn sich die einmalige Gelegenheit bietet, von einer Familie nach Hause eingeladen zu werden, zögern Sie nicht. Diese Geste der Gastfreundschaft ist die ultimative Einladung, die Kultur von innen heraus zu erleben – authentisch, herzlich und unvergesslich.
Venedig, Barcelona, und Co.: Wie Sie die schönsten Orte der Welt besuchen können, ohne sie mit zu zerstören
Viele der berühmtesten Reiseziele der Welt leiden unter „Overtourism“. Die schiere Masse an Besuchern belastet die Infrastruktur, treibt die Preise für Einheimische in die Höhe und zerstört das empfindliche Gleichgewicht von Natur und Kultur. Als verantwortungsbewusster Reisender tragen wir eine Mitverantwortung, diese Orte zu schützen, anstatt zu ihrer Zerstörung beizutragen. Nachhaltiger Tourismus ist nicht nur ein Modewort, sondern eine Notwendigkeit, um sicherzustellen, dass auch zukünftige Generationen diese Wunder erleben können.
Ein erster, einfacher Schritt ist die Wahl der Reisezeit. Reisen Sie, wenn möglich, in der Nebensaison. Dies entlastet nicht nur die Destination, sondern bietet Ihnen oft auch ein entspannteres und authentischeres Erlebnis mit weniger Menschenmassen. Unterstützen Sie die lokale Wirtschaft direkt, indem Sie in familiengeführten Pensionen übernachten, in lokalen Restaurants essen und Produkte kaufen, die vor Ort hergestellt wurden. Vermeiden Sie große internationale Ketten, bei denen ein Großteil der Einnahmen oft nicht in der Region verbleibt.
Respektieren Sie die lokalen Ressourcen. Gehen Sie sparsam mit Wasser und Strom um, besonders in Regionen, in denen diese knapp sind. Reduzieren Sie Ihren Müll, insbesondere Plastik, und nehmen Sie an lokalen Umweltinitiativen teil, falls sich die Gelegenheit bietet. Nutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel, das Fahrrad oder gehen Sie zu Fuß, anstatt kurze Strecken mit dem Taxi zurückzulegen. Städte wie Barcelona haben bereits innovative Maßnahmen zur Steuerung von Touristenströmen und zur Förderung eines nachhaltigeren Tourismus eingeführt, um die Lebensqualität für ihre Bewohner zu erhalten. Indem Sie diese Initiativen unterstützen, werden Sie Teil der Lösung, nicht des Problems.
Das Wichtigste in Kürze
- Kulturelle Kompetenz ist keine angeborene Eigenschaft, sondern eine erlernbare Fähigkeit, die auf Beobachtung, Empathie und der Bereitschaft zur Anpassung beruht.
- Die Unterscheidung zwischen authentischer Kultur und touristischer Inszenierung erfordert kritisches Denken und die Frage, wer von einem Erlebnis profitiert.
- Verantwortungsvolles Reisen bedeutet, einen positiven ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Fußabdruck zu hinterlassen und die besuchte Kultur zu bereichern, anstatt sie auszubeuten.
Echt oder nur für Touristen? Die Kunst, auf Reisen authentische kulturelle Erlebnisse zu finden und von Inszenierungen zu unterscheiden
Die Frage nach der „Echtheit“ eines kulturellen Erlebnisses ist eine der komplexesten für moderne Reisende. Ist das farbenfrohe Festival eine lebendige Tradition oder eine reine Touristenaufführung? Ist der Handwerksmarkt eine Quelle lokalen Schaffens oder werden hier nur importierte Souvenirs verkauft? Eine strikte Schwarz-Weiß-Sichtweise hilft hier oft nicht weiter. Viele Erlebnisse bewegen sich auf einem Spektrum zwischen vollständiger Inszenierung und gelebtem Alltag. Die Kunst besteht darin, dieses Spektrum zu erkennen und eine bewusste Entscheidung zu treffen.
Eine touristische Inszenierung muss nicht per se schlecht sein. Wie die Tourismusexpertin Dr. Sabine Lang feststellt: „Eine touristische Inszenierung kann kulturell wertvoll sein, wenn sie der Gemeinde Nutzen bringt und Traditionen bewahrt.“ Wenn die Einnahmen eines professionell organisierten Tanzabends direkt den Künstlern und der Erhaltung ihrer Kunstform zugutekommen, kann dies eine positive Wirkung haben. Wichtig ist die Transparenz. Fragen Sie sich: Wer profitiert von diesem Angebot? Wird die Kultur mit Respekt dargestellt oder werden Klischees bedient?

Anstatt krampfhaft nach einer vermeintlich reinen, unberührten Kultur zu suchen, entwickeln Sie eine Haltung der kritischen Neugier. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Touristen inszenierte Veranstaltungen durchaus als wertvoll anerkennen können, solange sie gut gemacht sind und einen echten Einblick bieten. Der Schlüssel liegt darin, sich nicht täuschen zu lassen und die Fähigkeit zu entwickeln, die Motivation hinter einem Angebot zu hinterfragen. Oft sind die authentischsten Momente jene, die ungeplant passieren – das Gespräch an der Bushaltestelle, die Hilfe bei einer Reifenpanne oder die spontane Einladung auf einen Tee.
Ihr Plan zur Prüfung der Authentizität: 3 entscheidende Fragen
- Wer profitiert? Verfolgen Sie den Geldfluss: Geht der Erlös an die lokalen Akteure (Künstler, Handwerker, Familien) oder an externe Veranstalter?
- Welche Geschichte wird erzählt? Hinterfragen Sie die Herkunft: Basiert die Darbietung oder das Produkt auf einer lebendigen, lokalen Tradition oder wurde es für den Tourismus erfunden?
- Fördert es die Kultur? Bewerten Sie die Wirkung: Trägt das Erlebnis zur Weiterentwicklung und zum Stolz der lokalen Kultur bei oder konserviert es sie nur als starres Exponat für Besucher?
Beginnen Sie Ihre nächste Reise nicht nur mit einem gepackten Koffer, sondern auch mit einer neuen Denkweise. Der wahre Wert des Reisens liegt nicht in der Anzahl der besuchten Länder, sondern in der Tiefe der gewonnenen Einsichten und der Qualität der geknüpften menschlichen Verbindungen. Wenden Sie diese Prinzipien an, um Ihre Reisen in transformative Erfahrungen zu verwandeln.
Häufige Fragen zum Umgang mit fremden Kulturen
Wie erkenne ich, ob eine Geste in einer Kultur unangebracht ist?
Informiere dich vorab über lokale Besonderheiten, nutze vertrauenswürdige Quellen und frage im Zweifel Einheimische. Aktive Beobachtung des nonverbalen Verhaltens der Menschen um Sie herum ist der beste Lehrmeister vor Ort. Achten Sie auf Reaktionen und passen Sie Ihr Verhalten entsprechend an.
Was tun bei einem kulturellen Missgeschick?
Entschuldigen, die Lage entschärfen und offen für den Lernprozess sein. Eine aufrichtige, nonverbale Geste des Bedauerns wird fast überall auf der Welt verstanden. Zeigen Sie, dass Ihr Fehlverhalten keine böse Absicht war, und nutzen Sie die Gelegenheit, um nach der korrekten Verhaltensweise zu fragen.
Wie kann ich Fettnäpfchen vorbeugen?
Kulturelle Sensibilität entwickeln, aufmerksam sein und respektvoll handeln. Das bedeutet, eine Haltung der Demut einzunehmen und davon auszugehen, dass man nicht alles weiß. Zuhören ist wichtiger als Reden, und Beobachten ist wichtiger als Handeln, besonders in den ersten Tagen in einer neuen Umgebung.