
Entgegen der Sorge vor Bürokratie ist das Lieferkettengesetz (LKSG) für den Mittelstand weniger eine Belastung als ein strategischer Hebel zur Stärkung der eigenen Widerstandsfähigkeit.
- Der Schlüssel liegt in einem risikobasierten Ansatz, der Ressourcen gezielt auf Hochrisiko-Lieferanten und -Rohstoffe konzentriert.
- Die Integration von Sorgfaltspflichten in bestehende Einkaufsprozesse ist effizienter als der Aufbau neuer, isolierter Compliance-Strukturen.
Empfehlung: Nutzen Sie die LKSG-Anforderungen nicht nur zur reinen Gesetzeserfüllung, sondern als Grundlage für eine kosteneffiziente ESG-Berichterstattung und zur Absicherung gegen zukünftige Lieferkettenkrisen.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) stellt Einkaufsleiter und Compliance-Beauftragte im deutschen Mittelstand vor eine gewaltige Aufgabe. Seit 2024 gilt es für Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern und die Anforderungen sickern unaufhaltsam durch die gesamte Wertschöpfungskette bis zu kleineren Zulieferern durch. Die Sorge vor einem bürokratischen Moloch, der wertvolle Ressourcen bindet und die Agilität lähmt, ist omnipräsent. Viele fragen sich, wie sie Menschenrechts- und Umweltstandards bei globalen Partnern überwachen sollen, ohne ein Heer von Juristen und Auditoren zu beschäftigen. Die häufigsten Ratschläge – pauschale Risikoanalysen durchzuführen oder die Verantwortung vertraglich auf Lieferanten abzuwälzen – erweisen sich in der Praxis oft als wirkungslos oder rechtlich unzulässig.
Doch was wäre, wenn die eigentliche Lösung nicht in der Abarbeitung endloser Checklisten liegt, sondern in einer intelligenten Neuausrichtung der Einkaufsprozesse? Dieser Artikel bricht mit der Vorstellung des LKSG als reiner Pflichtübung. Er zeigt, dass ein pragmatischer, risikobasierter Ansatz nicht nur die Compliance sicherstellt, sondern Ihr Unternehmen widerstandsfähiger gegen Krisen macht und Ihnen sogar einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann. Es geht nicht darum, *mehr* zu tun, sondern das Richtige *gezielter* zu tun. Indem Sie die Sorgfaltspflichten als strategisches Werkzeug zur Risikominimierung und Prozessoptimierung begreifen, verwandeln Sie eine gesetzliche Auflage in einen handfesten unternehmerischen Mehrwert.
Wir führen Sie durch die entscheidenden strategischen Fragen, von der Haftung für Ihre direkten Partner über den Aufbau eines Frühwarnsystems bis hin zur cleveren Nutzung Ihrer Compliance-Daten für ein kostengünstiges ESG-Reporting. Entdecken Sie einen Weg, das LKSG zu meistern, ohne in der Bürokratie zu versinken.
Inhaltsverzeichnis: Ihr Praxisleitfaden zur LKSG-Umsetzung
- Warum haften Sie für Menschenrechtsverletzungen Ihres direkten Lieferanten?
- Wie bauen Sie ein Risiko-Frühwarnsystem für Lieferanten in 4 Phasen auf?
- Ein Lieferant oder zwei: Welche Strategie schützt besser vor Produktionsstillstand?
- Das Risiko in Tier-3 der Lieferkette, das Ihre Ruf über Nacht zerstören kann
- Wie erhöhen Sie Ihre Lagerreichweite effizient, ohne zu viel Kapital zu binden?
- US-Cloud oder europäische Alternative: Welche Lösung schützt Ihre Firmengeheimnisse besser?
- Wann müssen Sie Ihre Lieferkette diversifizieren, um Handelskriegen zuvorzukommen?
- Wie erstellen KMUs einen ESG-Bericht ohne teure Agenturen zu beauftragen?
Warum haften Sie für Menschenrechtsverletzungen Ihres direkten Lieferanten?
Ein weit verbreiteter Irrglaube im Mittelstand ist, man könne die Verantwortung für das Lieferkettengesetz einfach per Vertragsklausel an den direkten Zulieferer (Tier-1) weiterreichen. Dieser Ansatz ist nicht nur riskant, sondern auch rechtlich unhaltbar. Das LKSG etabliert eine ureigene Verantwortung Ihres Unternehmens für Ihre Lieferkette. Sie haften nicht direkt für das Fehlverhalten Ihres Lieferanten wie für eigenes, aber Sie hafen für die Verletzung Ihrer eigenen Sorgfaltspflichten – also dafür, nicht alles Zumutbare unternommen zu haben, um Risiken zu erkennen und zu minimieren. Bei Verstößen drohen empfindliche Bußgelder und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.
Der entscheidende Punkt ist die sogenannte Bemühenspflicht. Das Gesetz verlangt nicht, jeden Verstoß weltweit zu verhindern – das wäre utopisch. Es verlangt jedoch, ein angemessenes Risikomanagement zu etablieren, um Risiken wie Kinderarbeit oder umweltschädliche Praktiken zu identifizieren und gegenzusteuern. Eine pauschale Abwälzung dieser Pflichten widerspricht diesem Grundgedanken und wird vom zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nicht akzeptiert.
Praxisbeispiel: Die BAFA-Handreichung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit
In einer wegweisenden Handreichung für KMU aus dem Jahr 2023 stellt das BAFA klar, dass die pauschale Übertragung von Sorgfaltspflichten auf Zulieferer mit dem deutschen AGB-Recht unvereinbar ist. Stattdessen fordert die Behörde eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Das bedeutet konkret: Statt Lieferanten nur mit Forderungskatalogen zu konfrontieren, sollten Unternehmen sie bei der Umsetzung von Standards unterstützen, beispielsweise durch gemeinsame Schulungen oder die Bereitstellung von Audit-Kapazitäten. Dieser kooperative Ansatz minimiert nicht nur rechtliche Risiken, sondern stärkt auch die Lieferantenbeziehung und die Stabilität der gesamten Kette.
Die Konsequenz für Einkaufsleiter ist klar: Der Fokus muss sich von reiner Vertragserfüllung hin zu einem aktiven, kooperativen Lieferantenmanagement verschieben. Es geht darum, Transparenz zu schaffen und gemeinsam mit den Partnern an der Einhaltung der Standards zu arbeiten. Dies ist die einzige Strategie, die vor dem Gesetz und in der Praxis Bestand hat.
Wie bauen Sie ein Risiko-Frühwarnsystem für Lieferanten in 4 Phasen auf?
Der Kern einer pragmatischen LKSG-Umsetzung ist ein intelligentes Risiko-Frühwarnsystem. Anstatt alle Lieferanten mit dem gleichen Aufwand zu prüfen, konzentrieren Sie Ihre Ressourcen dort, wo die Risiken für Menschenrechts- und Umweltverstöße am größten sind. Ein solches System muss nicht komplex oder teuer sein; es lässt sich in vier logischen Phasen in Ihre bestehenden Einkaufsprozesse integrieren und ist bereits bei vielen Unternehmen in Planung oder Umsetzung. Eine aktuelle Studie zeigt, dass 78% aller befragten Unternehmen bereits ihre Lieferanten auf Nachhaltigkeitsaspekte beurteilen oder dies fest vorhaben.
Phase 1: Abstrakte Risikoanalyse. Beginnen Sie mit einer groben Einschätzung. Welche Länder, Branchen und Rohstoffe in Ihrem Portfolio sind bekanntermaßen riskant? Nutzen Sie hierfür frei verfügbare Quellen wie die Länder- und Branchenleitfäden des BAFA oder Berichte von NGOs. Das Ziel ist eine erste „Heatmap“ Ihrer Lieferkette.
Phase 2: Konkrete Priorisierung. Bewerten Sie nun Ihre direkten Lieferanten anhand der abstrakten Risikofaktoren. Ein Lieferant für seltene Erden aus einer Konfliktregion erhält eine höhere Risikostufe als ein Schraubenhersteller aus Süddeutschland. Kombinieren Sie dies mit dem Einkaufsvolumen: Ein Hochrisiko-Lieferant mit hohem Umsatzanteil verdient Ihre höchste Aufmerksamkeit.

Phase 3: Datengestützte Validierung. Fordern Sie von den priorisierten Hochrisiko-Lieferanten konkrete Nachweise an. Das können Selbstauskünfte, Zertifikate (z.B. SA8000, ISO 14001) oder Audit-Berichte sein. Ein einfaches Ampelsystem (Rot, Gelb, Grün) hilft, den Status übersichtlich zu visualisieren und Handlungsbedarf schnell zu erkennen. Grün bedeutet, der Lieferant hat glaubwürdige Managementsysteme. Gelb signalisiert Lücken, die geschlossen werden müssen. Rot steht für inakzeptable Risiken, die sofortige Maßnahmen erfordern.
Phase 4: Kontinuierliches Monitoring und Maßnahmen. Ein Frühwarnsystem ist nur so gut wie die Reaktionen, die es auslöst. Definieren Sie klare Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Für „gelbe“ Lieferanten könnten das gemeinsame Entwicklungspläne sein, für „rote“ im schlimmsten Fall die Beendigung der Geschäftsbeziehung als letztes Mittel. Wichtig ist, alle Schritte – von der Analyse bis zur Maßnahme – lückenlos zu dokumentieren.
Ein Lieferant oder zwei: Welche Strategie schützt besser vor Produktionsstillstand?
Die traditionelle Einkaufsstrategie, sich auf einen einzigen, kostengünstigen Lieferanten zu verlassen (Single Sourcing), erweist sich im Lichte des LKSG und zunehmender geopolitischer Instabilität als hochriskant. Fällt dieser eine Lieferant aufgrund von Compliance-Problemen, Naturkatastrophen oder politischen Sanktionen aus, steht die eigene Produktion still. Das LKSG zwingt Unternehmen daher, ihre Sourcing-Strategien neu zu bewerten. Eine Dual-Sourcing- oder Multi-Sourcing-Strategie, also die Verteilung des Bedarfs auf mindestens zwei voneinander unabhängige Lieferanten, wird zum entscheidenden Faktor für die Aufrechterhaltung der Lieferfähigkeit.
Diese strategische Diversifizierung geht über reine Risikominimierung hinaus; sie ist ein Motor für die Resilienz des gesamten Geschäftsmodells. Der deutsche Mittelstand, der laut einer Erhebung des KfW-Mittelstandspanels für 71,5 % aller Erwerbstätigen in Deutschland verantwortlich ist, hat dies erkannt und passt seine globalen Wertschöpfungsketten an. Die geografische Streuung wird dabei zum Schlüsselelement.
Die sogenannte „Nearshoring-Plus“-Strategie gewinnt an Popularität: Man kombiniert einen Hauptlieferanten aus einer politisch stabilen und LKSG-konformen Region in geografischer Nähe (z.B. Osteuropa) mit einem zweiten, oft kostengünstigeren Backup-Lieferanten aus einer weiter entfernten Region (z.B. Asien). Dies sichert nicht nur die Versorgung im Krisenfall, sondern schafft auch Verhandlungsspielraum und Flexibilität.
Praxisbeispiel: Die „Nearshoring-Plus“-Strategie deutscher Mittelständler
Der KfW-Mittelstandsatlas 2024 dokumentiert eindrücklich, dass deutsche KMU ihre internationale Ausrichtung zur Stärkung ihrer Resilienz nutzen. International tätige Mittelständler setzen zunehmend auf geografische Diversifizierung, um Risiken zu streuen. Osteuropa rückt dabei als LKSG-konforme und logistisch vorteilhafte Alternative zu asiatischen Märkten in den Fokus. Die Dual-Sourcing-Strategie mit einem Hauptlieferanten in EU-Nähe und einem qualifizierten Backup-Lieferanten wird zur neuen Norm, um Produktionsausfälle zu vermeiden und gleichzeitig Kostenvorteile zu sichern.
Für den Einkauf bedeutet das: Die Lieferantenauswahl darf nicht mehr allein vom Preis bestimmt werden. Kriterien wie geografische Lage, politische Stabilität und nachgewiesene LKSG-Compliance des Lieferanten werden zu gleichrangigen Entscheidungsfaktoren. Die Investition in einen zweiten, eventuell etwas teureren Lieferanten ist keine Ausgabe, sondern eine Versicherung gegen den Totalausfall der Produktion.
Das Risiko in Tier-3 der Lieferkette, das Ihre Ruf über Nacht zerstören kann
Während sich viele Unternehmen auf ihre direkten Lieferanten (Tier-1) konzentrieren, lauern die größten Reputationsrisiken oft tiefer in der Lieferkette – bei den Lieferanten der Lieferanten (Tier-2, Tier-3 und weiter). Ein Skandal um Kinderarbeit auf einer Kobaltmine (Tier-3) kann auf Ihre Marke zurückfallen, selbst wenn Sie keine direkte Geschäftsbeziehung zu diesem Minenbetreiber haben. Das LKSG erkennt dies an und fordert eine anlassbezogene Sorgfaltspflicht für mittelbare Zulieferer. Das bedeutet: Sobald Sie „substantiierte Kenntnis“ über einen möglichen Verstoß erlangen, müssen Sie handeln.
„Substantiierte Kenntnis“ ist mehr als ein vages Gerücht. Es sind glaubwürdige Informationen, beispielsweise aus Berichten von NGOs, Whistleblower-Meldungen oder Medienberichten, die auf Missstände bei einem Ihrer Vorlieferanten hindeuten. Ab diesem Moment können Sie nicht mehr wegschauen. Sie müssen eine Risikoanalyse durchführen, Präventionsmaßnahmen etablieren und auf Abhilfe hinwirken. Die Herausforderung für KMU ist, diesen Prozess pragmatisch und ohne übermäßigen Aufwand zu gestalten. Die gute Nachricht: Der Trend geht klar in diese Richtung, wie der Anstieg der Untersuchung von Hochrisikolieferanten von 32 % auf 44 % innerhalb eines Jahres zeigt.
Anstatt die gesamte globale Lieferkette bis zum Rohstoff zu durchleuchten, was unmöglich ist, sollten Sie sich auf die kritischsten Bereiche konzentrieren. Ein pragmatischer Ansatz fokussiert sich auf die risikoreichsten Rohstoffe oder Vorprodukte in Ihrem Portfolio. Identifizieren Sie diese „Hotspots“ und etablieren Sie ein gezieltes Monitoring für genau diese Bereiche. Dies ermöglicht es Ihnen, proaktiv zu handeln, anstatt von einem Skandal überrascht zu werden.
Ihr Aktionsplan: Pragmatisches Tier-3 Risikomanagement
- Risikostoffe identifizieren: Listen Sie Ihre 2-3 kritischsten Rohstoffe (z.B. Baumwolle, Kobalt, seltene Erden) auf, die bekanntermaßen mit hohen Menschenrechts- oder Umweltrisiken verbunden sind. Nutzen Sie hierzu Branchenleitfäden.
- Länderrisiken bewerten: Gleichen Sie die Herkunftsregionen dieser Rohstoffe mit den BAFA-Quellenübersichten ab, um länderspezifische Risikoprofile zu erstellen.
- Monitoring einrichten: Etablieren Sie ein einfaches Monitoring (z.B. Google Alerts, Abos von NGO-Newslettern) für die Kombination aus Rohstoff und Land (z.B. „Kinderarbeit Kobalt Kongo“).
- „Substantiierte Kenntnis“ dokumentieren: Legen Sie einen Prozess fest, wie relevante Informationen erfasst, bewertet und als „substantiierte Kenntnis“ klassifiziert werden. Dies ist Ihr Nachweis für das BAFA.
- Eskalationsplan entwickeln: Erstellen Sie einen klaren Plan, was passiert, wenn ein Risiko eintritt: Wer ist verantwortlich? Wie wird der Tier-1-Lieferant kontaktiert? Welche Maßnahmen werden gefordert?
Dieser fokussierte Ansatz ermöglicht es Ihnen, Ihrer gesetzlichen Pflicht nachzukommen, ohne sich in Details zu verlieren. Sie zeigen, dass Sie die wesentlichen Risiken im Blick haben und bereit sind, bei Bedarf zu handeln.
Wie erhöhen Sie Ihre Lagerreichweite effizient, ohne zu viel Kapital zu binden?
Die LKSG-bedingte Notwendigkeit, Lieferanten sorgfältiger zu prüfen und potenziell auszutauschen, führt unweigerlich zu längeren Vorlaufzeiten und einem erhöhten Risiko von Lieferausfällen. Eine direkte Konsequenz ist die strategische Erhöhung der Lagerbestände für kritische Komponenten, um einen Puffer gegen Unsicherheiten zu schaffen. Für den bilanzbewussten Mittelstand stellt sich jedoch sofort die Frage: Wie finanziert man diese erhöhte Kapitalbindung, ohne die Liquidität zu gefährden? Die Lösung liegt in einer Kombination aus intelligenten Lagerhaltungsmodellen und der Nutzung spezifischer Förderprogramme.
Eine rein physische Erhöhung des eigenen Lagers ist die teuerste Variante. Es gibt jedoch alternative Modelle, die eine höhere Versorgungssicherheit bei geringerer Kapitalbindung ermöglichen. Dazu gehören beispielsweise Konsignationslager, bei denen die Ware bis zur Entnahme im Eigentum des Lieferanten bleibt, oder vertraglich zugesicherte Pufferlager, die der Lieferant für Sie vorhält. Die Wahl des richtigen Modells hängt von der Kritikalität des Bauteils und der Verhandlungsmacht gegenüber dem Lieferanten ab.

Besonders praxisrelevant für den deutschen Mittelstand ist die Tatsache, dass die Politik die Notwendigkeit zur Stärkung der Lieferkettenresilienz erkannt hat und finanzielle Unterstützung anbietet.
Praxisbeispiel: KfW-Förderkredite zur Finanzierung von Pufferlagern
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet spezielle Förderkredite an, um die Resilienz von Lieferketten zu stärken. Mittelständische Unternehmen können diese zinsgünstigen Darlehen explizit nutzen, um erhöhte Lagerbestände zur Abfederung von LKSG-bedingten Risiken zu finanzieren. Katharina Hermann, Leiterin des Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte, betont, dass KMU bei der Umsetzung kostenfrei und vertraulich unterstützt werden. Dies senkt die Hürde erheblich, in eine robustere Lagerstrategie zu investieren.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über gängige Lagerhaltungsmodelle und ihre Eignung als LKSG-Puffer.
| Modell | Kapitalbindung | Flexibilität | LKSG-Puffer |
|---|---|---|---|
| Eigene physische Lagerhaltung | Hoch | Mittel | Sofort verfügbar |
| Konsignationslager beim Lieferanten | Niedrig | Hoch | Abhängig vom Vertrag |
| Vertraglich zugesicherte Pufferlager | Mittel | Mittel | Garantiert für Krisenfall |
| Cross-Docking mit Partnern | Sehr niedrig | Sehr hoch | Begrenzt |
Die effiziente Gestaltung der Lagerreichweite ist somit eine Mischung aus strategischer Modellwahl und cleverer Nutzung von Finanzierungsinstrumenten. Sie ermöglicht es, die durch das LKSG erhöhten Risiken abzufedern, ohne die Bilanz übermäßig zu belasten.
US-Cloud oder europäische Alternative: Welche Lösung schützt Ihre Firmengeheimnisse besser?
Die Umsetzung des LKSG erzeugt eine enorme Menge sensibler Daten: Risikoanalysen, Audit-Berichte, Lieferanten-Selbstauskünfte und potenziell brisante Meldungen aus Whistleblower-Systemen. Die Speicherung und Verwaltung dieser Daten stellt Compliance-Beauftragte vor eine kritische Entscheidung: Setzt man auf die großen US-Hyperscaler oder wählt man eine europäische Cloud-Alternative? Diese Frage ist keine reine IT-Präferenz, sondern eine strategische Weichenstellung für den Schutz von Firmengeheimnissen und die Einhaltung der DSGVO.
Das zentrale Problem bei US-Anbietern ist der CLOUD Act (Clarifying Lawful Overseas Use of Data Act). Dieses US-Gesetz ermöglicht es US-Behörden, auf Daten zuzugreifen, die von amerikanischen Unternehmen gespeichert werden – selbst wenn die Server in Europa stehen. Für sensible LKSG-Daten, die Geschäftsbeziehungen, Risikoprofile und interne Schwachstellen offenlegen, ist dies ein erhebliches Risiko. Europäische Anbieter unterliegen diesem Gesetz nicht und sind ausschließlich der DSGVO und nationalen Gesetzen verpflichtet, was ein höheres Schutzniveau für Ihre Daten verspricht.
Die Wahl der richtigen Software-Plattform ist auch eine Frage der Effizienz. Der personelle Aufwand für die LKSG-Umsetzung ist beträchtlich. Eine Creditreform-Studie von 2024 zeigt, dass bereits 9,9 % der Unternehmen mehr als sechs Vollzeitmitarbeiter mit LKSG-Compliance beschäftigen. Eine effiziente, sichere und automatisierte Datenverwaltung über eine spezialisierte Plattform kann diesen Aufwand signifikant reduzieren.
Entscheidungskriterium: Die BSI C5-Zertifizierung
Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, empfehlen Experten wie Deloitte ein konkretes, nachprüfbares Kriterium: die C5-Zertifizierung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Der Kriterienkatalog C5 (Cloud Computing Compliance Criteria Catalogue) ist ein deutscher Sicherheitsstandard, der höchste Anforderungen an die Informationssicherheit von Cloud-Diensten stellt. Wie Deloitte in seiner LKSG-Handreichung hervorhebt, garantiert ein C5-zertifizierter Anbieter nicht nur DSGVO-Konformität, sondern auch ein hohes Maß an Transparenz und Sicherheit für kritische Daten. Bei der Auswahl einer Software für Ihr LKSG-Management sollte das Vorhandensein dieses Zertifikats ein entscheidendes K.-o.-Kriterium sein.
Letztendlich ist die Wahl des Cloud-Anbieters eine Risikoabwägung. Während US-Anbieter oft durch Skaleneffekte und Funktionsumfang locken, bieten europäische Alternativen mit BSI C5-Testat einen juristisch robusteren Schutzwall für Ihre wertvollsten Compliance-Informationen. Für den sicherheitsbewussten deutschen Mittelstand ist dies meist die klügere Wahl.
Wann müssen Sie Ihre Lieferkette diversifizieren, um Handelskriegen zuvorzukommen?
Das LKSG zwingt Unternehmen, Risiken in ihrer Lieferkette zu bewerten. Doch diese Risiken sind nicht nur menschenrechtlicher oder ökologischer Natur. Zunehmend rücken geopolitische Risiken wie Handelskriege, Sanktionen oder politische Instabilität in den Fokus. Eine Lieferkette, die stark von einem einzigen Land oder einer einzigen Handelsregion abhängig ist, ist extrem anfällig. Die Frage für strategische Einkäufer ist daher nicht *ob*, sondern *wann* der Zeitpunkt für eine proaktive Diversifizierung gekommen ist, um einem drohenden Handelskrieg zuvorzukommen.
Der Handlungsdruck steigt, da die LKSG-Anforderungen die gesamte Lieferkette durchdringen. Selbst Unternehmen, die nicht direkt unter das Gesetz fallen, werden von ihren Kunden zur Einhaltung der Standards verpflichtet. Dieser „Trickle-Down-Effekt“ ist massiv: Eine BME-Studie aus 2024 belegt, dass 66 % der KMU mit unter 1.000 Mitarbeitern bereits ihre Lieferanten auf Nachhaltigkeitsaspekte prüfen, obwohl sie gesetzlich nicht dazu verpflichtet wären. Dies zeigt, dass LKSG-Compliance zum neuen Geschäftsstandard wird, den man nicht ignorieren kann.
Ein pragmatischer Ansatz zur Entscheidung über eine Diversifizierung kombiniert die LKSG-Risikobewertung mit einer geopolitischen Analyse. Entwickeln Sie eine einfache Matrix:
- Achse 1: LKSG-Risiko. Bewerten Sie das Land Ihres Lieferanten auf einer Skala von 1-10 basierend auf den BAFA-Länderindizes und bekannten Branchenrisiken. Eine 10 steht für ein Hochrisikoland.
- Achse 2: Geopolitisches Risiko. Bewerten Sie die Wahrscheinlichkeit eines Handelskriegs, von Sanktionen oder politischer Instabilität für dasselbe Land, ebenfalls auf einer Skala von 1-10. Eine 10 steht für akute Gefahr.
Lieferanten aus Ländern, die in beiden Kategorien hohe Werte erzielen (z.B. ein kombinierter Score über 12), sollten mit höchster Priorität für eine Diversifizierungsstrategie in Betracht gezogen werden. Dies bedeutet, aktiv nach alternativen Lieferanten in stabileren Regionen zu suchen, die als „Friend-Shoring“-Partner gelten (z.B. innerhalb der EU, EFTA-Staaten oder andere strategische Partnerländer). Ein solcher Prozess sollte nicht über Nacht geschehen, sondern im Rahmen eines strukturierten 18-Monats-Plans, der die schrittweise Qualifizierung und Integration neuer Partner vorsieht.
Dieser vorausschauende Ansatz, oft als De-Risking bezeichnet, wandelt die reaktive LKSG-Pflicht in eine proaktive, strategische Absicherung Ihres Unternehmens gegen die größten globalen Unsicherheiten. Sie warten nicht, bis ein Handelskrieg Ihre Lieferungen stoppt, sondern haben bereits eine Alternative aufgebaut.
Das Wichtigste in Kürze
- Risikobasierter Fokus: Konzentrieren Sie Ihre LKSG-Anstrengungen auf die Lieferanten und Rohstoffe mit dem höchsten Risiko, anstatt alle gleich zu behandeln.
- Prozessintegration statt Bürokratie: Verankern Sie die Sorgfaltspflichten in Ihren bestehenden Einkaufs- und Lieferantenmanagementprozessen, um Doppelarbeit zu vermeiden.
- Resilienz als Ziel: Nutzen Sie das LKSG als Anlass, Ihre Lieferkette durch Diversifizierung (z.B. Dual Sourcing, Nearshoring) und Pufferlager strategisch widerstandsfähiger zu machen.
Wie erstellen KMUs einen ESG-Bericht ohne teure Agenturen zu beauftragen?
Die Anforderungen des LKSG münden in einer jährlichen Berichtspflicht an das BAFA. Viele Mittelständler sehen darin eine weitere bürokratische Hürde. Doch hier liegt eine der größten strategischen Chancen: Dieser Pflichtbericht ist der perfekte Grundstein für eine umfassende und kostengünstige ESG-Berichterstattung (Environmental, Social, Governance), die von Banken, Investoren und Großkunden zunehmend gefordert wird. Anstatt zwei separate Berichte zu erstellen, können KMU ihre LKSG-Dokumentation intelligent als Kern des „S“ (Soziales) in ihrem ESG-Report wiederverwenden.
Dieser Ansatz wird von führenden Unternehmen bereits als strategischer Hebel erkannt. Eine Studie von IntegrityNext und dem BME ergab, dass 82 % der großen Unternehmen ihre Lieferkette als entscheidenden Hebel für mehr Nachhaltigkeit betrachten. Für KMU bedeutet dies, dass sie durch die Verknüpfung von LKSG und ESG nicht nur eine Pflicht erfüllen, sondern sich auf Augenhöhe mit den Erwartungen des Marktes positionieren.
Anstatt eine teure Agentur zu beauftragen, können sich KMU an etablierten und kostenfreien Rahmenwerken orientieren, um ihren Bericht schrittweise aufzubauen.
Praxisbeispiel: Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) als kostenloses Framework
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) bietet eine anerkannte, transparente und vor allem kostenlose Struktur für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. KMU können ihren LKSG-Jahresbericht, für den das BAFA umfangreiche Vorlagen und Handreichungen bereitstellt, als Basis für das Kapitel zur sozialen Verantwortung nutzen. In den Folgejahren kann der Bericht dann schrittweise um ökologische Aspekte (z.B. CO2-Fußabdruck, ermittelt mit Tools wie dem „Eco-Cockpit“ der Effizienz-Agentur NRW) und Governance-Themen (z.B. Compliance-Struktur, Ethik-Kodex) erweitert werden. Dieser modulare Aufbau macht den Einstieg in die ESG-Berichterstattung handhabbar und bereitet gleichzeitig auf zukünftige, strengere Anforderungen wie die EU-Richtlinie CSRD vor.
Ein gestufter Mehrjahresplan kann den Prozess weiter vereinfachen. Im ersten Jahr liegt der Fokus rein auf dem gesetzlich geforderten LKSG-Bericht. Im zweiten Jahr wird dieser um erste ökologische Kennzahlen ergänzt. Im dritten Jahr erfolgt die vollständige Integration in eine DNK-Entsprechenserklärung. Der Schlüssel zum Erfolg liegt hierbei in der systematischen Datenerfassung von Anfang an, idealerweise unterstützt durch ein zentrales ERP- oder Compliance-Tool, das die Kennzahlen automatisiert sammelt. So wird aus der lästigen Pflicht eine strategische Kür, die den Unternehmenswert steigert.
Die pragmatische Umsetzung des LKSG ist kein Hexenwerk, sondern eine Frage der richtigen strategischen Ausrichtung. Indem Sie einen risikobasierten Ansatz verfolgen, Ihre Prozesse intelligent anpassen und Compliance als Chance zur Resilienzsteigerung begreifen, erfüllen Sie nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern stärken Ihr Unternehmen für die Zukunft. Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien in Ihrer Einkaufsorganisation zu verankern.
Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz
Wer ist vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) betroffen?
Direkt betroffen sind seit dem 1. Januar 2024 Unternehmen mit Sitz in Deutschland, die in der Regel mehr als 1.000 Arbeitnehmer beschäftigen. Indirekt sind jedoch nahezu alle kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) betroffen, da die verpflichteten Großunternehmen die Anforderungen entlang ihrer gesamten Lieferkette an ihre Zulieferer weitergeben.
Was ist der Unterschied zwischen dem LKSG und der zukünftigen EU-Richtlinie CSRD?
Das LKSG konzentriert sich auf die Sorgfaltspflichten bezüglich Menschenrechten und Umweltaspekten innerhalb der Lieferkette und mündet in einem Bericht an das BAFA. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU ist weitreichender und fordert eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung über das gesamte Unternehmen (ESG), die von einem Wirtschaftsprüfer testiert werden muss. Der LKSG-Bericht kann jedoch als exzellente Grundlage für den sozialen Teil des CSRD-Berichts dienen.
Welche Strafen drohen bei Verstößen gegen das LKSG?
Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten kann das BAFA Bußgelder verhängen, die bis zu 8 Millionen Euro oder 2 % des weltweiten Jahresumsatzes betragen können. Zusätzlich können Unternehmen bei schwerwiegenden Verstößen für bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge in Deutschland ausgeschlossen werden.