
Die meisten KI-Projekte im Mittelstand scheitern nicht an der Technologie, sondern an fehlender strategischer Vorbereitung und einem unzureichenden Datenfundament.
- Erfolg hängt von der Qualität und Struktur der Maschinendaten ab, nicht von der teuersten KI-Lösung.
- Datenschutz (DSGVO) und Datensouveränität sind keine Hindernisse, sondern strategische Vorteile, wenn sie von Anfang an mitgeplant werden.
Empfehlung: Konzentrieren Sie sich zuerst auf die Identifikation eines klaren betriebswirtschaftlichen Problems und die Vorbereitung Ihrer Daten, bevor Sie über spezifische KI-Tools oder Eigenentwicklungen entscheiden.
Der Ruf nach Künstlicher Intelligenz (KI) in der deutschen Fertigungsindustrie ist unüberhörbar. Von vorausschauender Wartung bis zur Prozessautomatisierung – die Versprechen sind groß. Doch für viele Produktionsleiter und CTOs im Mittelstand fühlt sich das Thema an wie ein Minenfeld: überzogener Hype, unklare Kosten und die ständige Sorge vor Datenschutzverstößen unter der strengen DSGVO. Viele fragen sich, ob KI nur ein weiteres Buzzword für Großkonzerne ist oder ob es einen pragmatischen Weg für spezialisierte Fertiger gibt, echten Mehrwert zu generieren, ohne das Unternehmen rechtlichen oder finanziellen Risiken auszusetzen.
Die üblichen Ratschläge beschränken sich oft auf die Mahnung, „Daten zu sammeln“ oder „auf den Datenschutz zu achten“. Doch das greift zu kurz. Diese Ansätze ignorieren die fundamentalen Reibungsverluste, die in der Praxis auftreten: Datensilos zwischen Abteilungen, eine unklare Vorstellung vom Return on Investment (ROI) und die Angst, die Kontrolle über die eigenen, wertvollen Produktionsdaten zu verlieren. Der wahre Hebel für eine erfolgreiche KI-Implementierung liegt nicht in der Anschaffung der neuesten Software, sondern in einem strategischen Umdenken.
Dieser Leitfaden bricht bewusst mit dem Hype. Statt abstrakter Visionen liefert er einen praxisorientierten Fahrplan. Der Fokus liegt darauf, die KI-Integration als betriebswirtschaftliche und nicht primär als technologische Herausforderung zu verstehen. Es geht darum, ein solides Datenfundament zu schaffen, die richtigen Anwendungsfälle zu identifizieren und die Datensouveränität als strategischen Vorteil zu nutzen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die typische „Pilot-Falle“ vermeiden und KI-Projekte von Anfang an so aufsetzen, dass sie nicht nur technisch funktionieren, sondern sich auch für Ihr Unternehmen rechnen.
In diesem Artikel beleuchten wir die kritischen Erfolgsfaktoren für die KI-Integration im deutschen Mittelstand. Sie erfahren, wie Sie Ihre Daten systematisch aufbereiten, die richtige strategische Entscheidung zwischen Standard- und Eigenentwicklung treffen und dabei die Fallstricke des Datenschutzes und Urheberrechts sicher umschiffen.
Inhaltsverzeichnis: KI-Integration in der deutschen Fertigung – ein strategischer Leitfaden
- Warum scheitern 80 % der KI-Pilotprojekte im Mittelstand vor dem Rollout?
- Wie bereiten Sie Ihre Maschinendaten in 5 Schritten für KI-Anwendungen vor?
- Standard-KI oder Eigenentwicklung: Was rechnet sich für spezialisierte Fertiger schneller?
- Die Urheberrechtsfalle bei generativer KI, in die Marketingabteilungen jetzt tappen
- Wie senken Sie Wartungskosten um 30 % durch intelligente Vorhersagemodelle?
- Wie erstellen Sie mit KI E-Mail-Vorlagen, die 90 % Ihrer Schreibarbeit erledigen?
- Wie automatisieren Sie Ihre Nachbestellungen, damit nie wieder Material auf der Baustelle fehlt?
- Welche IT-Infrastruktur benötigt ein deutsches Unternehmen für garantierte Datensouveränität?
Warum scheitern 80 % der KI-Pilotprojekte im Mittelstand vor dem Rollout?
Die Diskrepanz zwischen Ambition und Realität bei KI-Projekten ist enorm. Während laut einer Studie von Stifterverband und McKinsey 86 Prozent der Führungskräfte ungenutztes KI-Potenzial in ihren Unternehmen sehen, versanden die meisten Initiativen nach einer vielversprechenden Pilotphase. Dieses Phänomen, oft als „Pilot-Falle“ bezeichnet, hat selten technologische Gründe. Die wahren Ursachen sind strategischer und organisatorischer Natur und lassen sich als interne Reibungsverluste zusammenfassen.
Ein zentrales Problem ist die **fehlende Verknüpfung mit einem klaren betriebswirtschaftlichen Hebel**. Oft wird ein KI-Projekt aus technischer Neugier gestartet („Wir sollten auch mal was mit KI machen“), ohne ein konkretes, messbares Geschäftsproblem zu adressieren. Fehlt der Nachweis, wie das Projekt Kosten senkt, die Effizienz steigert oder neue Umsätze generiert, verliert es nach der ersten Euphorie schnell an Priorität und Budget. Ein erfolgreicher Pilot, der keinen klaren ROI aufzeigt, wird niemals für einen unternehmensweiten Rollout freigegeben.
Der zweite große Reibungsfaktor ist die **Kompetenzlücke**. Dieselbe Studie zeigt, dass 79 Prozent der befragten Unternehmen angeben, dass ihnen die notwendigen KI-Kompetenzen fehlen. Es geht hierbei nicht nur um Datenwissenschaftler. Oft fehlt das Bindeglied: Mitarbeiter, die sowohl die Produktionsprozesse als auch die Grundlagen der Datenanalyse verstehen, um sinnvolle Anwendungsfälle zu identifizieren und die Ergebnisse einer KI zu validieren. Ohne diese Brückenbauer bleiben die KI-Experten im luftleeren Raum und die Produktionsmitarbeiter skeptisch.
Schließlich führt eine **unzureichende Datenbasis** unweigerlich zum Scheitern. Viele Projekte starten mit der Annahme, die benötigten Daten seien irgendwie vorhanden. In der Realität sind sie jedoch oft inkompatibel, unstrukturiert, von schlechter Qualität oder in isolierten Systemen gefangen. Die Mühen der Datenbereinigung und -integration werden massiv unterschätzt, was dazu führt, dass Projekte ihr Budget und ihre Zeitpläne sprengen, bevor die eigentliche KI-Entwicklung überhaupt begonnen hat.
Wie bereiten Sie Ihre Maschinendaten in 5 Schritten für KI-Anwendungen vor?
Ein solides Datenfundament ist die unabdingbare Voraussetzung für jede erfolgreiche KI-Anwendung in der Fertigung. Bevor Algorithmen trainiert werden können, müssen die Rohdaten aus Sensoren, SPS-Steuerungen und MES-Systemen in eine nutzbare Form gebracht werden. Dieser Prozess ist nicht trivial, aber er lässt sich systematisch angehen. Es geht darum, aus verrauschten Signalen wertvolle Informationen zu extrahieren, die als Treibstoff für Ihre KI-Modelle dienen.
Der entscheidende Fehler vieler Unternehmen ist es, einfach „alle“ Daten zu sammeln, in der Hoffnung, dass sich darin später schon etwas Nützliches finden wird. Dieser Ansatz führt zu riesigen, unstrukturierten „Datenseen“, die immense Speicherkosten verursachen, aber kaum einen Mehrwert bieten. Ein strategischer Ansatz beginnt stattdessen mit der Frage: Welches Problem wollen wir lösen und welche Daten sind dafür minimal notwendig und maximal aussagekräftig? Die Zusammenarbeit zwischen den Domänenexperten aus der Produktion und den Datenanalysten ist hier von Anfang an erfolgskritisch.
Die folgende Abbildung visualisiert den typischen Aufbau von Sensorik an modernen Industriemaschinen, deren Daten die Grundlage für die KI-Analyse bilden. Erst wenn diese Datenpunkte strukturiert erfasst und aufbereitet werden, kann eine KI Muster erkennen.

Wie das Schaubild andeutet, ist die physische Sensorik nur der Anfang. Die eigentliche Arbeit liegt in der Übertragung, Speicherung und kontextuellen Anreicherung dieser Daten. Ein Temperaturwert allein ist nutzlos. In Verbindung mit Daten zum Maschinentyp, zum laufenden Produktionsauftrag und zu vergangenen Wartungsereignissen wird er jedoch zu einer wertvollen Information für ein Predictive-Maintenance-Modell.
Ihr Fahrplan zur Erstellung eines soliden Datenfundaments
- Erfassung vorhandener Sensordaten: Inventarisieren Sie alle verfügbaren Datenquellen an Ihren Maschinen und prüfen Sie deren Qualität und Erfassungsrate.
- Datenübertragung und -speicherung: Etablieren Sie standardisierte Protokolle (z. B. MQTT, OPC-UA) und eine zentrale, skalierbare Speicherlösung (z. B. eine Zeitreihendatenbank).
- Data Management implementieren: Sorgen Sie für eine strukturierte Sammlung und Verwaltung der Daten, inklusive Metadaten wie Zeitstempel, Maschinen-ID und Auftragskontext.
- Identifikation sinnvoller Anreicherungen: Organisieren Sie Workshops zwischen KI-Entwicklern und Produktionsmitarbeitern, um zu bestimmen, welche zusätzlichen Daten (z. B. aus dem ERP-System) den Analysewert erhöhen.
- Kontinuierliche Performance-Bewertung: Messen und dokumentieren Sie den Aufwand für die Datenaufbereitung und stellen Sie ihn den erzielten Verbesserungen durch die KI-Anwendung gegenüber.
Standard-KI oder Eigenentwicklung: Was rechnet sich für spezialisierte Fertiger schneller?
Sobald das Datenfundament steht, stellt sich eine zentrale strategische Frage: Sollte man eine fertige KI-Lösung „von der Stange“ kaufen oder in eine maßgeschneiderte Eigenentwicklung investieren? Für CTOs im Mittelstand ist dies keine philosophische, sondern eine knallharte betriebswirtschaftliche Entscheidung. Pauschale Antworten gibt es nicht; die richtige Wahl hängt von der Spezifität des Problems, der Einzigartigkeit der eigenen Prozesse und der verfügbaren Daten ab.
Standard-KI-Lösungen, oft als „AI-as-a-Service“ über große Cloud-Plattformen angeboten, versprechen einen schnellen Einstieg und geringere initiale Investitionskosten. Sie eignen sich gut für generische Probleme wie Bilderkennung von Standardbauteilen oder die Analyse von Textdokumenten. Der Nachteil: Diese Modelle sind auf allgemeine Daten trainiert und haben oft Schwierigkeiten, die hochspezifischen Nuancen eines einzigartigen Fertigungsprozesses zu erfassen. Die Anpassungsmöglichkeiten sind begrenzt, und man begibt sich in eine technologische Abhängigkeit vom Anbieter.
Eine Eigenentwicklung hingegen ist aufwendiger und teurer in der initialen Umsetzung. Sie erfordert spezialisierte Kompetenzen und eine längere Entwicklungszeit. Ihr unschätzbarer Vorteil liegt jedoch in der Perfektionierung für den eigenen, spezifischen Anwendungsfall. Für einen Nischenfertiger mit einzigartigen Produktionsverfahren kann ein maßgeschneidertes Modell, das auf den eigenen, über Jahre gesammelten Maschinendaten trainiert wird, einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil schaffen. Die Hoheit über das Modell und die Daten bleibt vollständig im Unternehmen.
Die Entscheidung hängt letztlich vom Wert der eigenen Daten ab. Wie ein Experte der LBBW treffend analysiert, ist die Datenqualität der entscheidende Faktor für die Differenzierung im Wettbewerb.
Ein Unternehmen kann sich nur im Wettbewerb differenzieren oder gegen Konkurrenten abschotten, wenn es über hochwertige, große Datenvolumina verfügt. Dazu muss es aber bereits digitalisiert sein.
– Zimmermann, LBBW-Analyst, LBBW Studie zu KI im Mittelstand
Für spezialisierte Fertiger bedeutet das: Wenn Ihre Prozesse und Daten so einzigartig sind, dass sie den Kern Ihres Wettbewerbsvorteils ausmachen, ist eine Eigenentwicklung oft der einzig sinnvolle Weg, diesen Vorteil durch KI weiter auszubauen. Für unterstützende Prozesse wie die Buchhaltung oder die allgemeine Kundenkommunikation sind Standardlösungen hingegen meist die wirtschaftlichere Wahl.
Die Urheberrechtsfalle bei generativer KI, in die Marketingabteilungen jetzt tappen
Während in der Produktion der Fokus auf analytischer KI liegt, hält generative KI (wie ChatGPT oder Midjourney) Einzug in Marketing- und Vertriebsabteilungen. Die Verlockung, auf Knopfdruck Texte, Bilder oder sogar Code zu erstellen, ist groß. Doch gerade hier lauern erhebliche rechtliche Risiken, insbesondere in Bezug auf das Urheberrecht und den Datenschutz (DSGVO), die viele mittelständische Unternehmen unterschätzen.
Das Kernproblem des Urheberrechts: Die großen Sprach- und Bildmodelle wurden mit riesigen Datenmengen aus dem Internet trainiert, oft ohne die ausdrückliche Zustimmung der Urheber. Erstellt eine KI ein Bild, das dem Stil eines bestimmten Künstlers verblüffend ähnelt, oder einen Text, der Passagen aus einem geschützten Werk enthält, bewegt sich das nutzende Unternehmen in einer rechtlichen Grauzone. Kommt es zu einer Klage, ist es oft schwer nachzuweisen, dass keine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Die Haftung liegt in der Regel beim Unternehmen, das den KI-generierten Inhalt veröffentlicht, nicht beim Anbieter des KI-Tools.
Noch kritischer ist die Datenschutz-Perspektive. Sobald Mitarbeiter personenbezogene Daten (z. B. aus Kunden-E-Mails, internen Dokumenten oder CRM-Einträgen) in die Eingabemaske eines öffentlichen KI-Tools kopieren, um eine Zusammenfassung oder Antwort zu generieren, findet eine Datenverarbeitung statt. Diese Daten werden oft auf Servern außerhalb der EU, meist in den USA, verarbeitet. Eine solche Übermittlung ist ohne eine explizite Rechtsgrundlage ein klarer Verstoß gegen die DSGVO. Jede Verarbeitung personenbezogener Daten muss auf einer Rechtsgrundlage gestützt werden, sei es eine Einwilligung der betroffenen Person oder ein berechtigtes Interesse, das hier nur schwer zu argumentieren ist.
Für Unternehmen bedeutet das: Der unkontrollierte Einsatz öffentlicher generativer KI-Tools ist ein **hochriskantes Spiel**. Die Lösung liegt in klaren internen Richtlinien (Policies), intensiver Mitarbeiterschulung und der Nutzung von datenschutzkonformen KI-Lösungen, die entweder auf eigenen Servern laufen (On-Premise) oder von Anbietern stammen, die eine Datenverarbeitung innerhalb der EU garantieren. Eine Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) ist bei der Einführung solcher Systeme in der Regel Pflicht.
Wie senken Sie Wartungskosten um 30 % durch intelligente Vorhersagemodelle?
Predictive Maintenance (vorausschauende Wartung) ist einer der greifbarsten und wirtschaftlichsten Anwendungsfälle für KI in der Fertigung. Anstatt Wartungsarbeiten nach starren Intervallen oder erst nach einem Ausfall durchzuführen, analysiert eine KI kontinuierlich die Betriebsdaten einer Maschine, um den optimalen Wartungszeitpunkt vorherzusagen. Dieser Ansatz vermeidet nicht nur teure, ungeplante Stillstände, sondern auch unnötige Wartungen an noch einwandfrei funktionierenden Komponenten.
Der betriebswirtschaftliche Hebel ist hier enorm. Eine Studie, die vom Weltwirtschaftsforum und Accenture durchgeführt wurde, belegt, dass durch den Einsatz von Predictive Maintenance die Wartungskosten um fast 30 % gesenkt werden können. Doch die Einsparungen gehen weit darüber hinaus. Durch die Reduzierung von Maschinenausfällen um bis zu 75 % und die Verlängerung der Lebensdauer von Anlagen um 20-40 % wird die gesamte Produktionseffizienz (OEE) nachhaltig gesteigert. Der Return on Investment (ROI) für solche Projekte wird oft bereits innerhalb von 12 bis 24 Monaten erreicht, trotz initialer Investitionen, die je nach Umfang zwischen 50.000 und 500.000 Euro liegen können.
Die technische Umsetzung basiert auf dem zuvor geschaffenen Datenfundament. Sensordaten wie Vibrationen, Temperatur, Stromverbrauch oder Druck werden in Echtzeit erfasst. Ein Machine-Learning-Modell wird darauf trainiert, die „normale“ Signatur einer gesunden Maschine zu erkennen. Weicht das aktuelle Muster von diesem Normalzustand ab, deutet dies auf eine beginnende Anomalie oder Verschleiß hin. Das System kann dann automatisch einen Wartungsauftrag auslösen und sogar das benötigte Ersatzteil identifizieren.

Die Visualisierung solcher Daten, wie im Bild dargestellt, ermöglicht es Ingenieuren, den Zustand ihres gesamten Maschinenparks auf einen Blick zu erfassen. Anstatt sich durch endlose Tabellen zu kämpfen, können sie sich auf die Anlagen konzentrieren, die wirklich ihre Aufmerksamkeit benötigen. Dies ist ein Paradigmenwechsel von einer reaktiven zu einer proaktiven und datengesteuerten Instandhaltungskultur.
Wie erstellen Sie mit KI E-Mail-Vorlagen, die 90 % Ihrer Schreibarbeit erledigen?
Die Potenziale der KI beschränken sich nicht auf die Werkshalle. Auch in der Verwaltung, insbesondere in der Geschäftskommunikation, lassen sich durch den gezielten Einsatz von KI-Assistenten massive Effizienzgewinne erzielen. Ein Paradebeispiel ist die Erstellung von E-Mail-Vorlagen für wiederkehrende Anfragen im Vertrieb, im Kundenservice oder in der Projektkoordination. Ziel ist es, den manuellen Schreibaufwand drastisch zu reduzieren, ohne an Professionalität oder persönlicher Note zu verlieren.
Moderne KI-Assistenten wie der Microsoft Copilot können darauf trainiert werden, den spezifischen Ton und das Vokabular eines Unternehmens zu adaptieren. Wichtig für den deutschen Markt ist dabei die Fähigkeit, die korrekte formelle Anrede („Sehr geehrte/r…“) zu verwenden und branchenspezifische Fachbegriffe richtig einzusetzen. Ein entscheidender Schritt ist die Erstellung von Basis-Vorlagen, die sich an deutschen Standards wie der DIN 5008 für Geschäftsbriefe orientieren. Diese können dann von der KI für individuelle Anfragen angepasst werden.
Der wahre Effizienzhebel liegt in der Implementierung von „Prompt-Ketten“. Anstatt für jede E-Mail einen neuen Befehl zu formulieren, werden standardisierte Anweisungssequenzen entwickelt. Beispiel: Ein Prompt könnte die KI anweisen, eine Standard-Angebotsvorlage zu nehmen, die spezifischen Produktdaten aus einem internen Dokument zu extrahieren, den Namen des Ansprechpartners aus der ursprünglichen Anfrage zu übernehmen und eine personalisierte Einleitung zu formulieren. Solche Ketten können bis zu 90 % der Schreibarbeit für Routineaufgaben automatisieren.
Die Kosten für solche Systeme sind jedoch nicht zu unterschätzen und müssen genau kalkuliert werden. Wie das Handelsblatt vorrechnet, können sich die Kosten von beispielsweise 28 Euro pro Monat pro Nutzer für Microsoft Copilot bei einem Mittelständler mit 1.000 Mitarbeitern auf fast 340.000 Euro jährlich summieren. Demgegenüber muss die eingesparte Arbeitszeit und die gesteigerte Antwortgeschwindigkeit im Kundenservice als betriebswirtschaftlicher Nutzen gerechnet werden. Voraussetzung bleibt auch hier die Auswahl eines DSGVO-konformen Tools, das die Datenverarbeitung innerhalb der EU garantiert.
Wie automatisieren Sie Ihre Nachbestellungen, damit nie wieder Material auf der Baustelle fehlt?
Materialengpässe sind ein kostspieliger Albtraum in der Fertigung und auf Baustellen. Sie führen zu Produktionsstillständen, Vertragsstrafen und frustrierten Mitarbeitern. Klassische Bestellsysteme, die auf festen Meldebeständen basieren, sind oft zu träge, um auf unvorhergesehene Verbrauchsschwankungen oder geänderte Produktionspläne zu reagieren. Hier bietet KI-gestützte Prognose eine robuste Lösung zur Automatisierung und Optimierung der gesamten Lieferkette.
Der Ansatz geht weit über eine simple Bestandsüberwachung hinaus. Kernstück ist ein KI-Modell, das nicht nur historische Verbrauchsdaten analysiert, sondern diese mit einer Vielzahl weiterer Faktoren verknüpft. Dazu gehören aktuelle Produktionspläne aus dem ERP-System, saisonale Schwankungen, prognostizierte Lieferzeiten von Lieferanten und sogar externe Daten wie Wettervorhersagen, die bei Bauprojekten relevant sein können. Durch die Analyse dieser komplexen Zusammenhänge kann die KI den zukünftigen Materialbedarf weitaus präziser vorhersagen als jede manuelle Planung.
Die technische Umsetzung erfordert eine enge Integration verschiedener Systeme. Mittels IoT-Sensoren an Regalen oder in Silos werden Lagerbestände in Echtzeit erfasst. Sobald der prognostizierte Bedarf einen kritischen Schwellenwert erreicht, kann das System automatisch eine Bestellung im ERP-System auslösen. Im fortschrittlichsten Fall wird die Bestellung über eine direkte EDI-Anbindung (Electronic Data Interchange) fehlerfrei an den Großhändler übermittelt, was den manuellen Aufwand auf null reduziert.
Der Nutzen ist signifikant. Ein Automobilhersteller konnte beispielsweise durch die Implementierung eines solchen KI-basierten Systems zur Materialbedarfsprognose die Betriebszeit seiner Maschinen innerhalb von zwei Jahren um 30 % steigern, da Materialengpässe praktisch eliminiert wurden. Das System sorgt für eine optimale Balance zwischen Versorgungssicherheit und Kapitalbindung, indem es die Lagerbestände auf das absolut notwendige Minimum reduziert (Just-in-Time), ohne die Produktion zu gefährden.
Das Wichtigste in Kürze
- KI-Erfolg beginnt mit einem klaren Business Case, nicht mit Technologie. Definieren Sie zuerst das Problem, das Sie lösen wollen.
- Ein sauberes, strukturiertes und zugängliches Datenfundament ist die nicht verhandelbare Grundlage für jede KI-Anwendung.
- Datenschutz (DSGVO) und Datensouveränität sind keine Hindernisse, sondern müssen als strategische Design-Prinzipien von Anfang an in die IT-Infrastruktur integriert werden.
Welche IT-Infrastruktur benötigt ein deutsches Unternehmen für garantierte Datensouveränität?
Die Frage nach der richtigen IT-Infrastruktur ist der strategische Eckpfeiler für jeden nachhaltigen KI-Einsatz im deutschen Mittelstand. Sie entscheidet über Kosten, Skalierbarkeit, Sicherheit und vor allem über die Datensouveränität – die Fähigkeit, die vollständige Kontrolle über die eigenen, wertvollen Unternehmensdaten zu behalten. Im Kontext der DSGVO und des wachsenden globalen Wettbewerbs ist dies kein technisches Detail, sondern ein entscheidender strategischer Vorteil.
Grundsätzlich stehen drei Modelle zur Auswahl: reine Cloud-Lösungen, lokale On-Premise-Systeme oder ein hybrider Ansatz. Die Nutzung von US-Hyperscalern (wie AWS, Google Cloud, Azure) bietet enorme Skalierbarkeit und eine breite Palette an fertigen KI-Services. Die Sorge bleibt jedoch die rechtliche Unsicherheit bezüglich des Zugriffs von US-Behörden auf die Daten, trotz aller vertraglichen Zusicherungen. Für Kerndaten der Produktion ist dies für viele deutsche Unternehmen ein inakzeptables Risiko.
Eine reine On-Premise-Lösung, bei der die Daten und KI-Modelle auf eigenen Servern im Unternehmen verbleiben, bietet maximale Kontrolle und Datensicherheit. Sogenanntes „Edge AI“, bei dem die KI direkt an der Maschine auf einem kleinen Server rechnet, minimiert Latenzzeiten und ist unabhängig von der Internetverbindung. Die Kosten für einen solchen lokalen KI-Server für Edge-Computing-Anwendungen können mit einer Einmal-Investition von ca. 6.500 Euro überschaubar sein. Der Nachteil liegt im höheren Aufwand für Wartung und Skalierung der eigenen Infrastruktur.
Der zukunftsweisendste Weg ist ein hybrider und föderierter Ansatz. Hierbei werden unkritische Daten oder Rechenlasten in eine (europäische) Cloud ausgelagert, während sensible Produktionsdaten sicher im eigenen Haus verbleiben. Initiativen wie GAIA-X zielen genau darauf ab, ein europäisches Datenökosystem zu schaffen, das auf den Prinzipien von Datensouveränität, Interoperabilität und Vertrauen basiert. Diese Datenräume geben dem Mittelstand die Chance, die zukünftigen Wettbewerbsbedingungen mitzugestalten, indem sie eine sichere, datenbasierte Kooperation mit Partnern und Kunden ermöglichen, ohne die Kontrolle über die eigenen Daten abzugeben. Die ab Mai 2024 stattfindende Gaia-X Roadshow für den Mittelstand ist eine hervorragende Gelegenheit, sich über diese Möglichkeiten zu informieren.
Beginnen Sie jetzt mit der strategischen Bewertung Ihrer Daten und Prozesse, um das Fundament für eine erfolgreiche KI-Implementierung zu legen. Eine sorgfältige Analyse des betriebswirtschaftlichen Nutzens und die Auswahl der richtigen Infrastruktur sind die ersten Schritte, um KI von einem Buzzword zu einem echten Werttreiber für Ihr Unternehmen zu machen.