Veröffentlicht am Mai 15, 2024

Entgegen der Annahme reicht guter Wille nicht aus, um Mitarbeiter durch „Sinn“ zu binden; der entscheidende Faktor ist die konsequente Überbrückung der Kluft zwischen proklamiertem Unternehmenszweck und der gelebten Realität im Arbeitsalltag.

  • Finanzielle Anreize verlieren ihre Wirkung oft nach wenigen Monaten, da sie keine emotionale Bindung schaffen.
  • Wahre Motivation entsteht, wenn Mitarbeiter den Unternehmenszweck nicht nur kennen, sondern ihn in ihren täglichen Aufgaben wiederfinden und mitgestalten können.

Empfehlung: Fokussieren Sie sich darauf, den „Purpose“ durch konkrete Handlungen, konsistente Entscheidungen und stärkenorientierte Aufgabenverteilung für jeden Einzelnen greifbar und erlebbar zu machen.

Viele Führungskräfte kennen das frustrierende Phänomen: Sie honorieren besondere Leistungen mit einer großzügigen Gehaltserhöhung oder einem Bonus, doch die anfängliche Euphorie verfliegt erstaunlich schnell. Nach wenigen Wochen ist der Motivationsschub verpufft und alles ist wieder beim Alten. Dieses Muster ist kein Zufall, sondern ein klares Signal, dass extrinsische Anreize allein die tiefen menschlichen Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Wertschätzung und Sinnhaftigkeit nicht erfüllen können. In einer Arbeitswelt, in der Talente hart umkämpft sind und die emotionale Bindung an den Arbeitgeber sinkt, wird diese Erkenntnis überlebenswichtig.

Der gängige Rat lautet oft, eine starke Unternehmenskultur zu etablieren und die Vision klar zu kommunizieren. Doch auch hier zeigt die Praxis, dass zwischen den Hochglanz-Postern im Flur und dem tatsächlichen Erleben der Mitarbeiter oft eine gewaltige Lücke klafft – die „Sinn-Kluft“. Mitarbeiter spüren instinktiv, wenn der proklamierte „Purpose“ nur eine Marketingfassade ist und im täglichen Geschäft von kurzfristigen Zielen und internen Widersprüchen konterkariert wird. Diese Dissonanz führt nicht nur zu Zynismus, sondern zu einer tiefen, motivationalen Erosion.

Aber was, wenn der wahre Hebel nicht darin liegt, einen perfekten Slogan zu finden, sondern darin, den Sinn im Arbeitsalltag jedes Einzelnen konsequent und greifbar zu verankern? Dieser Artikel bricht mit der oberflächlichen Betrachtung von „Purpose“ und zeigt Ihnen als moderne Führungskraft, wie Sie die unsichtbaren Barrieren überwinden. Wir analysieren, warum finanzielle Anreize scheitern, wie Sie ein authentisches „Warum“ mit Ihrem Team erarbeiten und wie Sie durch Vertrauen und die Auflösung von Zielkonflikten eine Umgebung schaffen, in der Eigeninitiative und Spitzenleistung aus innerem Antrieb entstehen.

Dieser Leitfaden bietet Ihnen eine klare Struktur, um die Theorie der sinnorientierten Führung in die Praxis umzusetzen. Der folgende Sommaire gibt Ihnen einen Überblick über die entscheidenden Schritte auf diesem Weg.

Warum verpufft die Wirkung einer Gehaltserhöhung schon nach drei Monaten?

Eine Gehaltserhöhung fühlt sich wie eine direkte und verdiente Anerkennung an. Sie befriedigt kurzfristig das Bedürfnis nach Sicherheit und Wertschätzung. Doch dieser Effekt ist psychologisch betrachtet eher ein „Hygienefaktor“ als ein echter Motivator. Sobald sich der neue Lebensstandard etabliert hat, wird das höhere Gehalt zur neuen Normalität. Es treibt nicht mehr dazu an, die berühmte Extrameile zu gehen. Der Grund dafür ist, dass Geld keine emotionale Bindung zum Unternehmen oder zu den täglichen Aufgaben schafft. Es beantwortet nicht die Frage nach dem „Warum“ der eigenen Arbeit.

Die alarmierenden Zahlen des Gallup Engagement Index für Deutschland untermauern dies eindrücklich. Die Studie bestätigt, dass im Jahr 2024 nur 9 % der Arbeitnehmer in Deutschland emotional hoch an ihren Arbeitgeber gebunden waren – ein historischer Tiefstand. Die überwältigende Mehrheit leistet „Dienst nach Vorschrift“ oder hat bereits innerlich gekündigt. Dieser Zustand der Gleichgültigkeit lässt sich nicht mit einem weiteren Bonus beheben. Er ist ein klares Symptom dafür, dass die tiefere Verbindung zum Unternehmen fehlt.

Die volkswirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung sind dramatisch. Allein im Jahr 2024 gingen der deutschen Wirtschaft durch Produktivitätsverluste aufgrund innerer Kündigung mindestens 113,1 Milliarden Euro verloren. Diese Zahl verdeutlicht, dass fehlende Sinnstiftung kein „weiches“ HR-Thema ist, sondern ein knallharter ökonomischer Faktor. Als Führungskraft stehen Sie vor der Wahl: Investieren Sie weiterhin in kurzlebige finanzielle Anreize oder beginnen Sie, in die nachhaltige Währung der Motivation zu investieren – den Sinn.

Wie erarbeiten Sie mit Ihrem Team ein „Warum“, das morgens aus dem Bett treibt?

Ein kraftvoller Unternehmenszweck kann nicht von oben herab diktiert werden. Er muss im Dialog entstehen und von den Mitarbeitern als authentisch und relevant empfunden werden. Der effektivste Weg, dies zu erreichen, ist die gemeinsame Erarbeitung. Anstatt eine fertige Vision zu präsentieren, schaffen Sie einen Raum, in dem das Team den gemeinsamen Nenner seiner Motivation entdecken kann. Ein moderierter Workshop ist dafür das ideale Format, um aus abstrakten Werten eine gelebte Realität zu formen.

Team erarbeitet gemeinsam Purpose-Statement an großem Whiteboard in einem modernen deutschen Büro.

Wie das Bild zeigt, geht es darum, einen kollaborativen Prozess anzustoßen. An einem Whiteboard mit bunten Notizen und Mindmaps kann das Team gemeinsam erkunden: Welchen Beitrag leisten wir für unsere Kunden? Welches Problem in der Welt lösen wir? Was macht unsere Arbeit bedeutsam, jenseits von Umsatzzielen? Diese gemeinsame Reflexion schafft ein starkes Gefühl der Eigenverantwortung und des kollektiven Eigentums am Unternehmenszweck. Der Purpose wird so vom Lippenbekenntnis zum Herzensanliegen.

Um diesen Prozess strukturiert zu gestalten, haben sich folgende Methoden bewährt:

  • Purpose-Workshops: Hier wird der Unternehmenszweck gemeinsam erarbeitet und diskutiert. Fragen wie „Was würde fehlen, wenn es uns nicht gäbe?“ regen zum Nachdenken an.
  • Impact Stories: Sammeln Sie aktiv Erfolgsgeschichten und positives Kundenfeedback und teilen Sie diese regelmäßig im Team. Dies macht den positiven Einfluss der eigenen Arbeit greifbar.
  • Kaskaden-Methode: Brechen Sie den übergeordneten Unternehmens-Purpose auf die Abteilungs- und schließlich auf die individuelle Ebene herunter. Jeder Mitarbeiter sollte beantworten können: „Wie trage ich mit meiner spezifischen Rolle zum großen Ganzen bei?“
  • Regelmäßige Kommunikation: Der erarbeitete Sinn muss im Alltag präsent bleiben – in Team-Meetings, bei Entscheidungen und in der Art, wie Erfolge gefeiert werden.

Vertrauenskultur oder Micro-Management: Was fördert die Eigeninitiative wirklich?

Selbst der inspirierendste Unternehmenszweck bleibt wirkungslos, wenn die tägliche Arbeitsumgebung von Misstrauen und übermäßiger Kontrolle geprägt ist. Micro-Management ist der direkte Gegenspieler von sinnorientierter Führung. Es signalisiert dem Mitarbeiter: „Ich traue dir nicht zu, eigenständig die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Diese Haltung erstickt nicht nur Kreativität und Eigeninitiative, sondern untergräbt aktiv das Gefühl, einen wertvollen und selbstbestimmten Beitrag zu leisten.

Eine Vertrauenskultur hingegen ist der Nährboden, auf dem intrinsische Motivation gedeiht. Sie basiert auf der Überzeugung, dass Mitarbeiter fähig und willens sind, im Sinne des Unternehmens zu handeln. Führungskräfte, die Vertrauen schenken, definieren klare Ziele (das „Was“ und „Warum“), überlassen dem Team aber die Freiheit bei der Umsetzung (das „Wie“). Diese Autonomie ist ein entscheidender psychologischer Faktor, der das Gefühl von Kompetenz und Selbstwirksamkeit stärkt. Doch die Realität in deutschen Unternehmen zeichnet ein anderes Bild.

Eine aktuelle Analyse zeigt, dass nur 21 % der Beschäftigten ihrer Führungskraft uneingeschränkt vertrauen – ein dramatischer Rückgang um 20 Prozentpunkte seit 2022. Dieser Vertrauensverlust ist ein Alarmsignal. Marco Nink, Director of Research & Analytics EMEA bei Gallup, interpretiert diese Entwicklung sehr deutlich:

Die Daten deuten auf eine tiefe Skepsis und ein Empfinden der Entfremdung in weiten Teilen der Arbeitnehmerschaft hin.

– Marco Nink, Gallup Deutschland

Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, diesen Kreislauf des Misstrauens aktiv zu durchbrechen. Beginnen Sie damit, Verantwortung schrittweise zu übertragen, Fehler als Lernchancen zu betrachten und transparent über Entscheidungen und Hintergründe zu kommunizieren. Jeder Akt des Vertrauens ist eine Investition in die Eigeninitiative und die emotionale Bindung Ihres Teams.

Das Zielkonflikt-Risiko, das selbst hochmotivierte Mitarbeiter resignieren lässt

Einer der größten, aber oft übersehenen Demotivatoren ist der Zielkonflikt. Er entsteht, wenn die offiziell kommunizierten Werte und der Unternehmenszweck im Widerspruch zu den tatsächlichen Anreizsystemen und operativen Zielen stehen. Ein klassisches Beispiel: Das Unternehmen preist „Nachhaltigkeit“ und „Kundenzentrierung“, aber der Vertriebsmitarbeiter wird ausschließlich auf Basis kurzfristiger Verkaufszahlen gemessen und bonifiziert – selbst wenn diese durch aggressive und nicht nachhaltige Methoden erreicht werden. Diese Dissonanz ist Gift für die Motivation.

Mitarbeiter, die an den Sinn ihrer Arbeit glauben wollen, werden in eine Zwickmühle gezwungen. Handeln sie im Sinne des „Purpose“, gefährden sie ihre persönlichen Ziele und ihre Karriere. Handeln sie im Sinne der operativen Ziele, verraten sie die Werte, mit denen sie sich eigentlich identifizieren wollten. Diese „Sinn-Kluft“ zwischen Reden und Handeln führt unweigerlich zu Frustration, Zynismus und schließlich zur inneren Kündigung. Die langfristige Bindungsbereitschaft sinkt dadurch dramatisch, wie aktuelle Daten zeigen: Nur noch 34 % der Mitarbeiter sehen sich in drei Jahren bei ihrem aktuellen Arbeitgeber.

Dieses Phänomen, oft als „Purpose-Washing“ bezeichnet, ist weit verbreitet und ein Hauptgrund für die Desillusionierung vieler Talente.

Studie zur „Purpose-Kluft“: Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Eine Kienbaum-Studie unter 1.300 Fach- und Führungskräften hat die klaffende Lücke zwischen proklamiertem Zweck und gelebter Realität offengelegt. Das schockierende Ergebnis: 59 % der Mitarbeiter können den Purpose ihrer eigenen Firma nicht auf Anhieb nennen. Dies beweist, dass die Kommunikation des Unternehmenszwecks in vielen Fällen die Mitarbeiter gar nicht erreicht oder als irrelevant wahrgenommen wird. Für hochmotivierte Menschen, die einen echten Beitrag leisten wollen, ist diese Erkenntnis ein fundamentaler Grund zur Resignation.

Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, diese Zielkonflikte aktiv aufzuspüren und zu beseitigen. Überprüfen Sie Ihre Kennzahlen (KPIs), Bonussysteme und Beförderungskriterien. Belohnen sie wirklich das Verhalten, das zum Unternehmenszweck beiträgt? Nur wenn Ziele, Anreize und Sinn eine kohärente Einheit bilden, kann Motivation nachhaltig wachsen.

Wann führen Sie Entwicklungsgespräche, um Talente genau dort einzusetzen, wo sie blühen?

Sinn entsteht nicht nur durch ein großes, übergeordnetes Unternehmensziel, sondern vor allem dann, wenn Mitarbeiter ihre individuellen Stärken und Talente täglich einsetzen können. Ein Job, der es einer Person ermöglicht, das zu tun, was sie am besten kann und am liebsten tut, fühlt sich per se bedeutungsvoll an. Die Rolle der Führungskraft ist es, diese Schnittmenge zwischen den Bedürfnissen des Unternehmens und den Stärken des Einzelnen zu finden und zu fördern. Das klassische Jahresgespräch reicht dafür bei weitem nicht aus.

Regelmäßige, zukunftsorientierte Entwicklungsgespräche sind das entscheidende Werkzeug. Im Gegensatz zu reinen Leistungsbeurteilungen, die in die Vergangenheit blicken, konzentrieren sich diese Gespräche auf Potenziale, Ambitionen und die persönliche Weiterentwicklung. Hier geht es nicht um die Frage „Was haben Sie geleistet?“, sondern um Fragen wie: „Bei welchen Aufgaben fühlen Sie sich energiegeladen?“, „Welche Fähigkeiten möchten Sie weiter ausbauen?“ und „Wo sehen Sie Ihren größten Beitrag zum Team-Erfolg?“.

Vertrauliches Entwicklungsgespräch zwischen Führungskraft und Mitarbeiter in ruhiger Büroumgebung, Fokus auf den Händen über Entwicklungsdiagrammen.

Die positive Wirkung eines solchen stärkenorientierten Ansatzes ist immens. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Talente gesehen und gezielt gefördert werden, steigt ihre emotionale Bindung exponentiell an. Eine Gallup-Erhebung belegt, dass Mitarbeiter, deren Talente gezielt gefördert werden, bis zu 8-mal stärker emotional an das Unternehmen gebunden sind. Diese Gespräche sind keine lästige Pflicht, sondern die wertvollste Investition in Ihr Humankapital. Sie sind der Moment, in dem der Unternehmenszweck auf die persönliche Ebene heruntergebrochen und mit Leben gefüllt wird.

Ihr Praxis-Audit: Sinn im Arbeitsalltag verankern

  1. Kontaktpunkte identifizieren: Listen Sie alle täglichen Aufgaben und Projekte eines Mitarbeiters auf. Wo hat seine Arbeit direkten oder indirekten Einfluss auf Kollegen, Kunden oder das Endprodukt?
  2. Sinn-Beiträge sammeln: Führen Sie ein Gespräch über diese Aufgaben. Fragen Sie: „Welcher Teil Ihrer Arbeit gibt Ihnen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu bewirken?“ Dokumentieren Sie diese Beispiele.
  3. Konsistenz prüfen: Vergleichen Sie die als sinnvoll erlebten Aufgaben mit den offiziellen Zielen und dem Unternehmens-Purpose. Gibt es hier eine klare Verbindung oder einen Widerspruch?
  4. Resonanz messen: Beobachten Sie, welche Erfolgsgeschichten oder Kundenfeedbacks im Team die stärkste positive Reaktion hervorrufen. Nutzen Sie diese „Resonanz-Punkte“ gezielt zur Motivation.
  5. Integrationsplan erstellen: Entwickeln Sie konkrete Schritte, um den Anteil an als sinnvoll empfundenen Tätigkeiten zu erhöhen und Aufgaben, die als sinnlos gelten, neu zu gestalten oder zu automatisieren.

Warum kündigen junge Talente trotz gutem Gehalt oft schon nach 6 Monaten?

Besonders bei der Generation Z und den Millennials beobachten Führungskräfte ein scheinbar paradoxes Verhalten: Ein attraktives Gehalt und ein prestigeträchtiger Jobtitel reichen oft nicht aus, um sie langfristig zu binden. Viele junge Talente sind hochgradig wechselbereit und verlassen ein Unternehmen schon nach kurzer Zeit, obwohl die äußeren Rahmenbedingungen stimmen. Dieses Phänomen ist ein direktes Resultat eines fundamentalen Wertewandels: Für jüngere Generationen ist die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit oft ein entscheidenderes Kriterium als die reine Bezahlung.

Sie wollen nicht nur einen Job, sondern einen Beitrag leisten. Sie hinterfragen den Zweck eines Unternehmens kritisch und erwarten, dass Werte wie soziale Verantwortung, Nachhaltigkeit und ethisches Handeln nicht nur auf der Website stehen, sondern auch gelebt werden. Fehlt diese Kongruenz, oder schlimmer noch, entpuppt sich der vermeintliche „Purpose“ als reines Marketing („Purpose-Washing“), ist das Vertrauen schnell verspielt. Der Arbeitsmarkt ist sich dieser Entwicklung bewusst. Der Wettbewerb um Talente ist härter denn je, was sich auch in der Rekordzahl an Abwerbeversuchen zeigt. Der Gallup Index 2024 zeigt, dass 33 % der Mitarbeiter von Headhuntern angesprochen wurden – ein Höchstwert.

Unternehmen, die es versäumen, einen authentischen und gelebten Unternehmenszweck zu kommunizieren, werden für diese Generationen zunehmend unattraktiv. Eine Studie bestätigt, dass Millennials und die Generation Z bei der Jobwahl signifikant stärker auf den Sinn und Zweck ihrer Arbeit achten als auf die Höhe des Gehalts. Um diese Talente nicht nur zu gewinnen, sondern auch langfristig zu halten, müssen Unternehmen eine überzeugende Antwort auf die Frage „Warum gibt es uns?“ liefern. Und diese Antwort muss im Arbeitsalltag spürbar sein, von der Projekt-Priorisierung bis hin zur Führungskultur.

Wie besprechen Sie das Event nach, damit der Teamgeist auch am Montag noch hält?

Ein gelungenes Team-Event, ein gemeinsamer Workshop oder eine gefeierte Erfolgs-Party können einen enormen Motivationsschub auslösen. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit ist greifbar, alle ziehen an einem Strang. Doch allzu oft verpufft diese positive Energie, sobald am Montagmorgen die Routine des Arbeitsalltags wieder Einzug hält. Der Fehler liegt meist darin, das Event als isolierte Maßnahme zu betrachten, anstatt es strategisch zu nutzen, um den Teamgeist nachhaltig in der Kultur zu verankern.

Der Schlüssel liegt in der gezielten und strukturierten Reflexion. Anstatt das Event einfach als „schön war’s“ abzuhaken, sollten Sie als Führungskraft aktiv den Transfer der positiven Erlebnisse in den Arbeitsalltag moderieren. Das Ziel ist es, die emotionale Erfahrung in konkrete Verhaltensweisen und Rituale zu übersetzen. Fragen Sie nicht nur „Was hat euch am besten gefallen?“, sondern lenken Sie das Gespräch auf eine tiefere Ebene, die den Unternehmenszweck berührt.

Eine effektive Nachbereitung verbindet die positiven Momente des Events direkt mit den Werten und Zielen des Unternehmens. So wird aus einem kurzfristigen „High“ eine langfristige Stärkung der gemeinsamen Identität. Die folgenden Schritte helfen dabei, die Energie des Events zu konservieren:

  • Strukturierte Sinn-Reflexion: Führen Sie eine kurze Besprechung durch mit der zentralen Frage: „Welcher Moment des Events hat uns am besten gezeigt, wofür wir als Team stehen und was wir gemeinsam erreichen können?“
  • Konkrete Verhaltensänderungen ableiten: Leiten Sie aus den positiven Erfahrungen kleine, umsetzbare Rituale für den Arbeitsalltag ab. Beispiel: „Die offene Kommunikation beim Workshop war super. Lasst uns jede Woche eine 15-minütige ‚Wins & Learnings‘-Runde einführen.“
  • Verbindung zum Unternehmens-Purpose stärken: Rahmen Sie das Event als einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum gemeinsamen, übergeordneten Ziel. Zeigen Sie auf, wie dieser gemeinsame Erfolg den Unternehmenszweck konkret unterstützt hat.
  • Kultur-Collage erstellen: Visualisieren Sie die erlebten Werte. Eine simple Pinnwand mit Fotos, Zitaten und Anekdoten vom Event kann als tägliche Erinnerung an den gelebten Teamgeist dienen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Geld ist ein kurzfristiger Hygienefaktor, kein nachhaltiger Motivator. Wahre Bindung entsteht durch Sinn.
  • Die „Sinn-Kluft“ zwischen kommunizierten Werten und gelebter Realität ist der größte Motivationskiller.
  • Purpose muss gemeinsam erarbeitet, in täglichen Aufgaben verankert und durch eine Kultur des Vertrauens und der Konsistenz gestützt werden.

Wie gewinnen deutsche KMUs Fachkräfte durch flexible Arbeitszeitmodelle?

Im „War for Talents“ stehen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland vor der Herausforderung, mit den Gehaltspaketen großer Konzerne mitzuhalten. Doch der Wettbewerb wird nicht allein über Geld entschieden. Eine der stärksten Währungen, mit denen KMUs punkten können, ist Flexibilität. Die Möglichkeit, Arbeitszeit und Arbeitsort an die individuellen Lebensumstände anzupassen, ist für viele Fachkräfte heute ein entscheidenderes Kriterium als der letzte Euro auf dem Gehaltszettel. Es ist ein Ausdruck von Vertrauen und ein wesentlicher Beitrag zur Work-Life-Balance – und damit auch zur Sinnstiftung.

Mangelnde Flexibilität ist ein zunehmender Kündigungsgrund. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, in starre Korsetts gezwängt zu werden, die nicht zu ihrer Lebensphase passen, steigt ihre Wechselbereitschaft signifikant. Aktuelle Daten untermauern diesen Trend: Der Gallup Engagement Index zeigt, dass nur 50 % der Beschäftigten planen, in einem Jahr noch bei ihrem Arbeitgeber zu sein. Flexible Modelle können hier ein entscheidender Faktor für die Mitarbeiterbindung sein.

Für KMUs bieten sich verschiedene Modelle an, die oft mit weniger bürokratischem Aufwand umsetzbar sind als in Großkonzernen. Die Wahl des richtigen Modells hängt von der Branche und der Unternehmenskultur ab. Der folgende Überblick zeigt gängige Optionen und ihre Charakteristika.

Flexible Arbeitsmodelle im deutschen Mittelstand
Modell Umsetzbarkeit KMU Motivationseffekt Rechtliche Aspekte
4-Tage-Woche Mittel Sehr hoch Arbeitsvertragsänderung nötig
Ergebnisorientierte Arbeitszeit Hoch Hoch Vertrauensarbeitszeit möglich
Job-Sharing Mittel Hoch für Teilzeitkräfte Besondere Vereinbarungen
Homeoffice-Hybrid Hoch Hoch Betriebsvereinbarung empfohlen

Die Einführung solcher Modelle ist mehr als nur ein Benefit. Sie ist ein starkes Signal, dass das Unternehmen seine Mitarbeiter als mündige Partner auf Augenhöhe sieht, denen es zutraut, ihre Arbeit eigenverantwortlich zu organisieren. Diese Form des Vertrauens ist die Basis für eine Kultur, in der Menschen nicht nur arbeiten, um Geld zu verdienen, sondern weil sie sich wertgeschätzt fühlen und ihre Arbeit sinnvoll in ihr Leben integrieren können.

Um im Wettbewerb um die besten Köpfe zu bestehen, ist es entscheidend, moderne Arbeitsmodelle als strategischen Vorteil zu begreifen und mutig umzusetzen.

Beginnen Sie noch heute damit, diese Prinzipien anzuwenden, um nicht nur Ziele zu erreichen, sondern eine Kultur zu schaffen, in der Menschen wachsen und mit Stolz zur Arbeit kommen.

Geschrieben von Katja Neumann, Diplom-Psychologin und Senior HR-Consultant für New Work und Organisationsentwicklung. 12 Jahre Erfahrung in der Transformation von Unternehmenskulturen und im modernen Recruiting.